Bald auch virtuelle Gesellschafterversammlung in der GmbH ohne Satzungsregelung möglich?
Das „Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie“ (DiRUG) vom 05.07.2021 (BGBl. I S. 3338) wird größtenteils am 01.08.2022 in Kraft treten. Das DiRUG folgte auf die Digitalisierungsrichtlinie der Europäischen Union.
Während das DiRUG im Wesentlichen die Einführung notarieller Online-Verfahren zur Gründung einer GmbH sowie für Registereintragungen mit sich brachte, sollen nun auch Personengesellschaften und Genossenschaften in den Anwendungsbereich einbezogen werden. Dann wären auch für diese Gesellschaften notarielle Online-Beglaubigungsverfahrens und Online-Anmeldungen zum Handelsregister möglich. Hierfür hat die Bundesregierung am 13.04.2022 den „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (DiREG) vorgelegt.
Wesentliche Neuerungen und Ergänzungen des DiRUG
- Online-Beglaubigungen von Handelsregisteranmeldungen für alle Rechtsträger
- Registeranmeldungen per Videokommunikation für
- Handelsregister
- Partnerschafts- und Genossenschaftsregister
- Vereinsregisteranmeldungen (ab 01.08.2023); Voraussetzung ist, dass die Vereinbarung der Einlagenpflicht bzw. Übertragung des Einlagegegenstands nach allgemeinen Vorschriften nicht formbedürftig ist.
- Beurkundung weiterer nicht formbedürftiger Willenserklärungen wie Gesellschaftervereinbarungen oder Erfüllungsgeschäfte im Rahmen der Gründung einer GmbH
- Beglaubigung oder Beurkundung der Gründungsvollmacht der GmbH mittels Videokommunikation
- Sachgründung im Online-Verfahren (bislang nur Bargründungen von GmbH, inklusive UG, gem. § 2 Abs. 3 GmbHG‑E möglich)
- Virtuelle Gesellschafterversammlung der GmbH: In § 48 Abs. 1 GmbHG wird ein Satz 2 angefügt, der vorsieht, dass Versammlungen auch „fernmündlich oder mittels Videokommunikation abgehalten werden“ können, wenn sämtliche Gesellschafter sich damit in Textform einverstanden erklären. Bei satzungsändernden Beschlüssen und Erklärungen zur Übernahme eines Geschäftsanteils anlässlich von Kapitalerhöhungen gilt dies allerdings erst ab 01.08.2023.
- Online-Beurkundung für sämtliche Beschlüsse der GmbH, soweit diese einstimmig gefasst werden
Praxishinweis
Die Schaffung von Online-Beglaubigungen von Handelsregisteranmeldungen auch für Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften ist zu begrüßen. So wird es künftig möglich sein, eine GmbH & Co. KG vollständig im Wege des Online-Verfahrens zu gründen und zum Handelsregister anzumelden.
Im Zuge der (dauerhaften) Einführung einer virtuellen Hauptversammlung wurden auch die Rufe für andere Gesellschaftsformen laut, aus Kostengründen und Ersparnis von weiten Anfahrtswegen eine Möglichkeit zur virtuellen Versammlung vorzusehen. Bereits jetzt können durch eine Satzungsänderung in der GmbH oder anderen Personenhandelsgesellschaften Regelungen geschaffen werden, die ausdrücklich eine virtuelle Gesellschafterversammlung vorsehen. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Schaffung des MoPeG und dem neu eingeführten § 109 Abs. 1 HGB‑E im Regierungsentwurf des MoPeG zudem ausgeführt, dass es das Gesetz zulasse, Beschlüsse (in der Personengesellschaft) sowohl in einer Präsenzveranstaltung als auch in einer virtuellen Versammlung mittels Videokommunikation zu fassen. Ob es daher erforderlich ist, die virtuelle Gesellschafterversammlung für die GmbH auch explizit gesetzlich zu verankern, bleibt abzuwarten. Viele Gesellschaften werden in der Praxis von den jetzt bereits möglichen Ausnahmen (Fassung von Gesellschafterbeschlüssen auch ohne die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in Textform) während der COVID-19-Pandemie Gebrauch gemacht haben.
Wichtige Aspekte des Geschäftsgeheimnisschutzes und der Datensicherheit sind in dem RegE im Hinblick auf die virtuelle Gesellschafterversammlung nicht berücksichtigt worden: Im Unterschied zu dem notariellen Online-Beurkundungsverfahren, wo ein besonders abgesichertes System genutzt wird, besteht ein deutlich höheres Risiko, dass Informationen aus virtuellen Gesellschafterversammlungen an unbefugte Dritte gelangen. Bei besonders sensiblen datenschutz- oder geschäftsgeheimnisrelevanten Informationen ist im Zweifel die analoge Gesellschafterversammlung zu wählen.