Die Umset­zung der EU-Digitalisierungsrichtlinie

Am 10.06.2021 hat der Bun­des­tag den Gesetz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zur Umset­zung der Digi­ta­li­sie­rungs­richt­li­nie“ (DiRUG) ange­nom­men. Das DiRUG folgt auf die Digi­ta­li­sie­rungs­richt­li­nie der Euro­päi­schen Uni­on (sie­he dazu unse­ren Bei­trag vom 19.06.2020). Die Digi­ta­li­sie­rungs­richt­li­nie ist größ­ten­teils bis zum 01.08.2021 in natio­na­les Recht umzu­set­zen. Die Bun­des­re­gie­rung hat von der Opti­on zur Ver­län­ge­rung der Umset­zungs­frist um ein Jahr, das heißt bis zum 01.08.2022, Gebrauch gemacht.

Inhalt­lich bringt das DiRUG Ände­run­gen vor allem in Bezug auf die Ein­füh­rung nota­ri­el­ler Online-Ver­fah­ren zur Grün­dung einer GmbH sowie für Regis­ter­ein­tra­gun­gen mit sich. Wei­te­re Neue­run­gen betref­fen das Bekannt­ma­chungs­we­sen, die Umstel­lung des Sys­tems zur Offen­le­gung von Rech­nungs­le­gungs­un­ter­la­gen sowie die Ver­bes­se­rung des grenz­über­schrei­ten­den Infor­ma­ti­ons­aus­tauschs im Registerwesen.

Online-Grün­dung der GmbH per Videokommunikation

Wesent­li­che Änderungen/​Neuerungen

  • Online-Grün­dung der GmbH; wei­te­re Online-Ver­fah­ren: Erst­mals ist nun die Beur­kun­dung von Wil­lens­er­klä­run­gen sowie die Beglau­bi­gung qua­li­fi­zier­ter elek­tro­ni­scher Signa­tu­ren im Wege nota­ri­el­ler Online-Ver­fah­ren mög­lich. Die Bun­des­no­tar­kam­mer betreibt künf­tig ein eige­nes Video­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem zur Vor­nah­me von Beur­kun­dun­gen, eine Nut­zung ande­rer Sys­te­me (wie zum Bei­spiel Teams, Zoom), ist nicht zuläs­sig. Über die Beur­kun­dungs­ver­hand­lung wird eine elek­tro­ni­sche Nie­der­schrift aufgenommen.
  • Beschrän­kung auf Bar­grün­dun­gen: Das DiRUG sieht eine Beschrän­kung auf Bar­grün­dun­gen von GmbH (inklu­si­ve UG) gem. § 2 Abs. 3 GmbHG‑E vor, Sach­grün­dun­gen und AG-/KGaA-Grün­dun­gen sind nicht zuläs­sig. Grün­der kön­nen bei der Online-Grün­dung sowohl natür­li­che als auch juris­ti­sche Per­so­nen oder Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten sein, es gibt auch kei­ne Min­dest- oder Höchst­zahl an Gründern.
  • Iden­ti­fi­zie­rung mit­tels Video­kom­mu­ni­ka­ti­on: Beson­ders wich­tig für die siche­re und zuver­läs­si­ge Online-Grün­dung ist die ver­läss­li­che Iden­ti­fi­zie­rung der Betei­lig­ten. Die Iden­ti­fi­zie­rung kann durch einen deut­schen Per­so­nal­aus­weis mit eID-Funk­ti­on, einen elek­tro­ni­schen Iden­ti­täts­aus­weis nach § 78 Abs. 5 Auf­enthG oder ein elek­tro­ni­sches Iden­ti­fi­zie­rungs­mit­tel, das von einem ande­ren Mit­glied­staat der Euro­päi­schen Uni­on aus­ge­stellt wur­de und bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, erfol­gen. Die Online-Grün­dung einer GmbH in Deutsch­land wird somit nur für EU-Bür­ger mög­lich sein, die Inha­ber eines ent­spre­chen­den elek­tro­ni­schen Iden­ti­fi­zie­rungs­mit­tels sind. Für alle ande­ren (auch für Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge) bleibt wei­ter­hin nur die per­sön­li­che Grün­dung möglich.
  • Mus­ter­pro­to­koll für die Online-Grün­dung: Zur Erleich­te­rung der Grün­dung spe­zi­ell für klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men sowie bei der Grün­dung von Vor­rats­ge­sell­schaf­ten müs­sen die Mit­glied­staa­ten auf den jewei­li­gen Ein­tra­gungs­por­ta­len bzw. Inter­net­sei­ten Mus­ter zur Ver­fü­gung stel­len. Grün­dern steht es offen, die­se zu ver­wen­den oder aber kei­nen Gebrauch von der Nut­zung zu machen. Das spe­zi­el­le Mus­ter­pro­to­koll für die Online-Grün­dung ori­en­tiert sich eng an dem bereits bestehen­den Mus­ter­pro­to­koll für die Grün­dung im ver­ein­fach­ten Verfahren. 
  • Kei­ne Online-Grün­dung“ von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten: Die Beglau­bi­gung mit­tels Video­kom­mu­ni­ka­ti­on soll nur in den Fäl­len zuläs­sig sein, in denen das Uni­ons­recht eine Online-Ein­rei­chung zwin­gend vor­schreibt, wie bei der Anmel­dung von Ein­zel­kauf­leu­ten, der GmbH, der AG und KGaA, bei den Zweig­nie­der­las­sun­gen von EU-/EWR-Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten sowie nur noch bei Anmel­dun­gen zum Genos­sen­schafts­re­gis­ter. Eine Anmel­dung für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten und Part­ner­schafts­ge­sell­schaf­ten ist nicht vorgesehen. 
  • Dau­er; Ein­tra­gungs­frist: Die Online-Grün­dung muss in der Regel inner­halb von fünf Werk­ta­gen nach Ein­gang der voll­stän­di­gen Anmel­dung ein­ge­tra­gen wer­den, wenn ein Mus­ter­pro­to­koll ver­wen­det wur­de und aus­schließ­lich natür­li­che Per­so­nen Gesell­schaf­ter sind. In allen ande­ren Fäl­len beträgt die Ein­tra­gungs­frist zehn Werktage.
  • Neue Aus­ge­stal­tung der Regis­ter­pu­bli­zi­tät: Künf­tig gibt es aus­schließ­lich die öffent­li­che Zugäng­lich­ma­chung im Regis­ter („regis­ter only“-Prinzip), die zusätz­li­che Bekannt­ma­chung im Bun­des­an­zei­ger oder Amts­blatt ent­fällt. Der Begriff der Bekannt­ma­chung“ wird neu defi­niert: Bekannt­ma­chung ist nicht mehr die Bekannt­ma­chung im Bun­des­an­zei­ger, in Tages­zei­tun­gen oder auf Inter­net­por­ta­len, son­dern die Bekannt­ma­chung erfolgt durch die erst­ma­li­ge Abruf­bar­keit über das Regis­ter­por­tal der Län­der. Für Tat­sa­chen, die nicht ins Regis­ter ein­ge­tra­gen, son­dern nur bekannt gemacht wer­den, schafft das DiRUG das neue Insti­tut der Regis­ter­be­kannt­ma­chung (§ 10 Abs. 3 HGB‑E).
  • Kon­se­quen­zen für die Offen­le­gung von Rech­nungs­le­gungs­un­ter­la­gen: Das neue regis­ter only“-Prinzip führt dazu, dass die Bekannt­ma­chung im Bun­des­an­zei­ger künf­tig ent­fällt. Die Rech­nungs­un­ter­la­gen sol­len direkt an das Unter­neh­mens­re­gis­ter über­mit­telt wer­den (§ 325 Abs. 1 S. 2 HGB‑E) und dann (nur) dort zugäng­lich sein (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB‑E).
  • Weg­fall der Abruf­ge­büh­ren: Es soll künf­tig einen kos­ten­frei­en Zugang zu den öffent­li­chen Regis­tern (Handels‑, Partnerschafts‑, Genossenschafts‑, Ver­eins- und auch zum neu­en Gesell­schafts­re­gis­ter) geben. Die mit dem Weg­fall der Abruf­ge­büh­ren beding­ten Min­der­ein­nah­men sol­len jedoch durch eine zusätz­lich von den Anmel­den­den zu ent­rich­ten­de Bereit­stel­lungs­ge­bühr in Höhe von 40 Euro ersetzt werden.
  • Grenz­über­schrei­ten­der Infor­ma­ti­ons­aus­tausch über dis­qua­li­fi­zier­te Geschäfts­füh­rer und Vor­stän­de: Die Mit­glied­staa­ten sind künf­tig ver­pflich­tet, Vor­schrif­ten zur Dis­qua­li­fi­ka­ti­on von Direc­tors (Geschäfts­füh­rer oder Vor­stand) vor­zu­se­hen. In Deutsch­land sind bis­lang bereits ver­gleich­ba­re aus­län­di­sche Straf­ta­ten bei der Bestel­lung berück­sich­tigt wor­den. Künf­tig sol­len auch aus­län­di­sche Berufs- oder Gewer­be­ver­bo­te zu einer Dis­qua­li­fi­ka­ti­on als Geschäfts­füh­rer oder Vor­stand füh­ren (§ 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG‑E, § 76 Abs. 3 S. 3 AktG‑E). Ein inlän­di­sches Gericht, das Infor­ma­tio­nen über eine etwa­ige Dis­qua­li­fi­ka­ti­on in einem ande­ren EU-Mit­glied­staat haben möch­te, muss künf­tig beim Unter­neh­mens­re­gis­ter anfra­gen, die­ses führt dann ein Ersu­chen durch und lei­tet die Ant­wort an das Regis­ter­ge­richt weiter.


Pra­xis­hin­weis

Das Video­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem zur Vor­nah­me von Beur­kun­dun­gen muss von der Bun­des­no­tar­kam­mer erst noch geschaf­fen wer­den und sich nicht nur im Pra­xis­all­tag bewäh­ren, son­dern auch von GmbH-Grün­dern akzep­tiert wer­den. Auch wenn die Mög­lich­keit der Online-Beur­kun­dung der­zeit noch sehr begrenzt ist, könn­ten im Zuge der Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts wei­te­re gesell­schafts­recht­li­che Beur­kun­dun­gen, unter ande­rem von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten, fol­gen. Die Digi­ta­li­sie­rung der Pro­zes­se wird hier wei­ter vor­an­schrei­ten, dies ist auch an den Ände­run­gen zum Trans­pa­renz­re­gis­ter erkenn­bar. Künf­tig soll es auch dort eine stär­ke­re digi­ta­le Ver­net­zung geben.

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