Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts:
Der Regie­rungs­ent­wurf

Am 20. Janu­ar 2021 ist der Ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zum Per­so­nen­ge­sell­schafts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz (MoPeG) ver­öf­fent­licht wor­den. Gegen­über dem Mau­ra­cher Geset­zes­ent­wurf der Exper­ten­kom­mis­si­on vom 20. April 2020 (sie­he auch unse­ren Bei­trag vom 04.08.2020) („Mau­ra­cher Ent­wurf“) erge­ben sich inhalt­lich nur weni­ge Ände­run­gen, eini­ge Rege­lun­gen wur­den jedoch kla­rer gefasst bzw. kon­kre­ti­siert. Der Regie­rungs­ent­wurf hält an einem Inkraft­tre­ten des MoPeG am 1. Janu­ar 2023 fest. Die Ver­kün­dung des MoPeG ist aber bereits für Juni 2021 geplant. 

In einer Anhö­rung im Rechts­aus­schuss des Bun­des­ta­ges am 21. April 2021 gab es ein über­wie­gend posi­ti­ves Echo auf den Regie­rungs­ent­wurf. Das MoPeG sol­le mit klei­nen Ände­run­gen mög­lichst noch in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode beschlos­sen wer­den. Aller­dings bestün­den teils erheb­li­che Anpas­sungs­las­ten, da alle umsatz­steu­er­pflich­ti­gen Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten (ins­be­son­de­re GbR und GmbH & Co. KG) von der Reform betrof­fen seien.


Wesent­li­che Änderungen/​Neuerungen

  • Ver­zah­nung von OHG- und GbR-Recht: Neben einer grund­le­gen­den Umge­stal­tung des Rege­lungs­kon­zepts der §§ 705 ff. BGB sieht der Regie­rungs­ent­wurf gegen­über dem Mau­ra­cher Ent­wurf auch eine noch stär­ke­re Ver­zah­nung des GbR-Rechts mit dem OHG-Recht vor. So wer­den etwa die Rege­lun­gen zum Auf­wen­dungs­er­satz und zum Kon­troll­recht der Gesell­schaf­ter ins GbR-Recht über­tra­gen. Nor­men zur Ver­tre­tung der Gesell­schaft und zur per­sön­li­chen Haf­tung der Gesell­schaf­ter ver­blei­ben jedoch im OHG-Recht und erhal­ten ledig­lich eine neue Nummerierung.
  • Ein­füh­rung eines Sitz­wahl­rechts: Neu ist die Ein­füh­rung eines Wahl­rechts zwi­schen Ver­wal­tungs- und Ver­trags­sitz in § 706 S. 1 und 2 BGB, wel­ches über § 105 Abs. 2 HGB‑E auch und gera­de auf die OHG Anwen­dung fin­det. Das Sitz­wahl­recht ermög­licht einer deut­schen GbR und OHG, sämt­li­che Geschäfts­tä­tig­kei­ten außer­halb des deut­schen Hoheits­ge­bie­tes zu ent­fal­ten, ohne auf die deut­sche Rechts­form ver­zich­ten zu müs­sen. § 706 S. 2 BGB‑E stellt nun klar, dass die Mög­lich­keit besteht, einen vom Ver­trags­sitz abwei­chen­den Ver­wal­tungs­sitz im Aus­land zu wäh­len. Dies ist ins­be­son­de­re auch für die GmbH & Co. KG rele­vant: Ver­legt die­se den Ver­wal­tungs­sitz der Kom­ple­men­tär-GmbH ins Aus­land, ist sie nach gel­ten­der Rechts­la­ge auf­zu­lö­sen, weil sie kei­nen fik­ti­ven Sat­zungs­sitz im Inland haben kann. Für GbRs gilt aller­dings, dass nur im Gesell­schafts­re­gis­ter regis­trier­te BGB-Gesell­schaf­ten die­ses Wahl­recht aus­üben können. 
  • Stimm­rechts­ver­tei­lung: Die Gewinn- und Ver­lust­ver­tei­lung nach Köp­fen (§ 722 Abs. 1 BGB) wird abge­schafft: Gemäß § 709 Abs. 3 S. 1 BGB‑E rich­ten sich Stimm­kraft und Ergeb­nis­ver­tei­lung nun vor­ran­gig nach den Betei­li­gungs­ver­hält­nis­sen, hilfs­wei­se nach dem ver­ein­bar­ten Wert der Bei­trä­ge und erst zuletzt nach Kopfteilen.
  • Gesamt­ge­schäfts­füh­rung Regel­fall: Im Gegen­satz zu § 116 Abs. 3 HGB‑E (OHG) gilt nach § 715 Abs. 3 BGB‑E (GbR) nicht Einzel‑, son­dern Gesamt­ge­schäfts­füh­rung als gesetz­li­cher Regel­fall. Sind ein­zel­ne Gesell­schaf­ter von der Geschäfts­füh­rung aus­ge­schlos­sen, bedür­fen außer­ge­wöhn­li­che Geschäf­te auch ihrer Zustim­mung, um zu ver­hin­dern, dass das Unter­neh­men ohne ihr Zutun in sei­nem Zuschnitt wesent­lich ver­än­dert wird.
  • Kodi­fi­zie­rung der Gesell­schaf­ter­kla­ge („actio pro socio“): In § 715b BGB‑E wird nun die sog. Gesell­schaf­ter­kla­ge, eine von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te Rechts­fi­gur, gesetz­lich fest­ge­schrie­ben. Gegen­über dem Mau­ra­cher Ent­wurf wird jetzt aus­drück­lich klar­ge­stellt, dass Ver­ein­ba­run­gen, die das Kla­ge­recht aus­schlie­ßen oder beschrän­ken, unwirk­sam sind. Die Gesell­schaf­ter­kla­ge gilt auch für die OHG.
  • Vor­ein­tra­gungs­er­for­der­nis in der Grund­buch­ord­nung (GBO): Für im Grund­buch ein­ge­tra­ge­ne Alt-GbR“ ist nun ein Vor­ein­tra­gungs­er­for­der­nis vor­ge­se­hen (§ 47 Abs. 2 GBO‑E). Flan­kiert wird die­se Vor­schrift mit einer dif­fe­ren­zier­ten Über­gangs­re­ge­lung: Möch­te eine Alt-GbR“ ein Grund­stück ver­äu­ßern oder ändert sich der Bestand ihrer Gesell­schaf­ter, fin­det eine Grund­buch­sper­re statt, bis sie ein­ge­tra­gen ist. Dies soll Alt-GbR“ moti­vie­ren, sich im Gesell­schafts­re­gis­ter ein­tra­gen zu lassen.
  • Beschluss­män­gel­recht bei der OHG: Neu gere­gelt wird das Beschluss­män­gel­recht der OHG (§§ 110 – 115 HGB‑E), das sich am Vor­bild des akti­en­recht­li­chen Anfech­tungs­mo­dells ori­en­tiert. Im Mau­ra­cher Ent­wurf war dies noch im GbR-Recht nor­miert, der Regie­rungs­ent­wurf hat sich jedoch dazu ent­schlos­sen, das Anfech­tungs­mo­dell nur für Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten ein­zu­füh­ren. Aktu­ell füh­ren Beschluss­män­gel im OHG-Recht grund­sätz­lich zur Beschluss­nich­tig­keit, die ein Gesell­schaf­ter man­gels eines beson­de­ren Ver­fah­rens mit einer all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­kla­ge gel­tend machen muss. Nun­mehr erfolgt eine Unter­schei­dung zwi­schen anfecht­ba­ren Beschlüs­sen und nich­ti­gen Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen. Die Ein­zel­hei­ten zur Anfech­tungs­kla­ge sind in § 113 HGB‑E enthalten.
  • Außer­or­dent­li­ches Kün­di­gungs­recht aus wich­ti­gem Grund: Neu geschaf­fen wur­de in § 132 Abs. 2 HGB‑E – wie in § 725 Abs. 2 BGB‑E für den GbR-Gesell­schaf­ter – ein außer­or­dent­li­ches Kün­di­gungs­recht aus wich­ti­gem Grund für den OHG-Gesell­schaf­ter. Künf­tig muss der aus­tritts­wil­li­ge Gesell­schaf­ter nicht mehr den Weg der Auf­lö­sungs­kla­ge gehen.
  • Vor­schrif­ten zur Gewinn­ermitt­lung und Gewinn­ver­tei­lung (HGB): Ange­passt wur­den die Vor­schrif­ten zur Gewinn­ermitt­lung und Gewinn­ver­tei­lung (§§ 120 – 122 HGB‑E). So sind die geschäfts­füh­ren­den Gesell­schaf­ter gegen­über der Gesell­schaft zur Auf­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses ver­pflich­tet und ent­schei­den über des­sen Fest­stel­lung durch Beschluss. Nach wie vor wird der einem Gesell­schaf­ter zukom­men­de Gewinn sei­nem Kapi­tal­an­teil zuge­schrie­ben, der auf ihn ent­fal­len­de Ver­lust davon abge­schrie­ben. Die­ser Kapi­tal­an­teil ist künf­tig jedoch nicht mehr Maß­stab für die Kapi­tal­di­vi­den­de“. Der Regie­rungs­ent­wurf geht nun­mehr vom Prin­zip der Voll­aus­schüt­tung aus.
  • Aus­wir­kun­gen auf das Steu­er­recht: Dis­ku­tiert wer­den die Aus­wir­kun­gen der Abkehr von der Gesamt­hand auf das Steu­er­recht. Die Geset­zes­be­grün­dung des MoPeG stellt klar, dass mit dem Regie­rungs­ent­wurf kei­ne Ände­run­gen an der trans­pa­ren­ten Besteue­rung von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten ver­bun­den sind. Zudem wur­den die noch im Mau­ra­cher Ent­wurf ent­hal­te­nen Ände­run­gen des Umwand­lungs­steu­er­ge­set­zes im Regie­rungs­ent­wurf wie­der aus­ge­nom­men, um neben der grund­le­gen­den Reform des Per­so­nen­ge­sell­schaft­rechts nicht auch noch eine Steu­er­re­form in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode umzu­set­zen. Sofern kei­ne Klar­stel­lung des Gesetz­ge­bers ent­we­der im MoPeG oder in steu­er­recht­li­chen Begleit­ge­set­zen erfolgt, ist eine Gefähr­dung für Steu­er­be­frei­un­gen unter ande­rem im Grund­er­werb­steu­er­ge­setz und im Erb­schaft­steu­er­ge­setz jedoch denkbar.


Fazit

Der Regie­rungs­ent­wurf folgt im Wesent­li­chen dem Refe­ren­ten­ent­wurf vom 18. Novem­ber 2020 – uner­war­te­te Ergän­zun­gen oder maß­geb­li­che Ände­run­gen sind nicht dazu gekommen.

Auch wenn bis zum Inkraft­tre­ten des MoPeG zum 1. Janu­ar 2023 noch Zeit bleibt, wird sich zei­gen, ob ins­be­son­de­re im Steu­er­recht noch Klar­stel­lun­gen fol­gen wer­den. Immer­hin arbei­tet das Bun­des­ka­bi­nett aktu­ell auch an einem Opti­ons­recht für Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten zur Kör­per­schafts­be­steue­rung (Ent­wurf eines Geset­zes zur Moder­ni­sie­rung des Kör­per­schaft­steu­er­rechts), was auch ein Hin­weis auf zukünf­ti­ge Ände­run­gen im Steu­er­recht sein könn­te. Im Zuge der Umset­zung der Digi­ta­li­sie­rungs­richt­li­nie (DiRuG) (sie­he auch unse­ren Bei­trag vom 19.06.2020) könn­ten wei­te­re Ände­run­gen erfol­gen, auch wenn eine Online-Grün­dung von Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten bis­lang nicht geplant ist.

Ansprechpartner


Wir verwenden die nachfolgend aufgeführten Cookies, um die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren und um die Nutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Dadurch erhobene Daten geben wir an unsere Partner für Analysen weiter. Unsere Partner führen diese Informationen möglicherweise mit weiteren Daten zusammen, die Sie ihnen bereitgestellt haben oder die sie im Rahmen Ihrer Nutzung der Dienste gesammelt haben. Die jeweilige Einwilligung für die Nutzung der Cookies ist freiwillig, für die Nutzung dieser Website nicht notwendig und kann jederzeit widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.