Immobilienunternehmen:
Bagatell-Unschädlichkeitsgrenze bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung
Gesetzesentwurf
Etwas versteckt in einem Gesetzesentwurf zu einem unaussprechlichen Gesetz (Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen – Fondsstandortgesetz – FoStoG) sieht der Gesetzgeber vor, dass für die sogenannte erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer künftig Erlöse aus der Erzeugung und Vermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien im Umfang bis maximal 10 % der Mieterlöse und aus anderen Erlösen aus Rechtsgeschäften mit Mietern bis maximal 5 % der Mieterlöse nicht mehr schädlich sein sollen
Hintergrund
Bisher können Immobilienunternehmen unabhängig von der Rechtsform bei der Ermittlung des Gewerbeertrags den auf die Vermietung von Immobilien entfallenen Ertrag nach Maßgabe des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG kürzen (Gewerbesteuerfreiheit von vermögensverwaltenden Tätigkeiten – sogenannte erweiterte Kürzung). Das Unternehmen unterliegt im Ergebnis damit nicht der Gewerbesteuer, bei Kapitalgesellschaften beschränkt sich die Steuerlast auf 15 % Körperschaftsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag. Voraussetzung hierfür ist, dass sich das Unternehmen auf diesen Geschäftsbereich beschränkt. Unschädlich für die erweiterte Kürzung sind nur abschließend im Gesetz aufgeführte „wohnungsnahe“ Nebentätigkeiten.
Grundstücksunternehmen verlieren nach derzeitiger Rechtslage den Anspruch auf die erweiterte Kürzung, wenn sie neben begünstigten Tätigkeiten auch andere gewerbliche Tätigkeiten ausüben. Dies kann schon vorliegen, wenn sie Mieteinnahmen aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen erzielen, die keinen funktionalen Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück aufweisen (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.2006 – VIII R 39/05, BStBl. II 2006, 659). Auf den Umfang dieser Tätigkeiten kommt es dabei nicht an – schon geringfügige schädliche Tätigkeiten können damit erheblichen gewerbesteuerlichen Schaden verursachen. In der Praxis lässt sich dies kaum rechtssicher vermeiden, da (mitvermietete) Gebäudebestandteile steuerlich als eigene Wirtschaftsgüter klassifiziert werden und damit schädlich sein können (Kühlanlagen, Entladerampen, Lastenaufzüge, Einbauküchen etc.). Der BFH hatte mit Urteil vom 18.12.2019 – III R 36/17, BStBl. II 2020, 405 bestätigt, dass es dahingehend keine Bagatellgrenze gibt.
Künftig soll die erweiterte Kürzung erhalten bleiben, wenn die Einnahmen aus diesen übrigen Tätigkeiten im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind und aus unmittelbaren Vertragsverhältnissen mit den Mietern des Grundstücks stammen.
Praxishinweis
Sofern diese Neuregelung verabschiedet wird, entspannt sich in Zukunft ein typisches, bisher kaum rechtssicher lösbares Problem bei Immobilienunternehmen. Nachteilig ist, dass die Neuregelung nicht für die Vergangenheit gelten soll und daher zu befürchten ist, dass die Finanzämter die Neuregelung zum Anlass nehmen könnten, für die noch nicht abschließend besteuerten Jahre solche Vermietungsunternehmen verstärkt zu prüfen. Schließlich wird künftig darauf zu achten sein, dass die Unschädlichkeit von derartigen Bagatellbeträgen an weitere Voraussetzungen geknüpft sind – insbesondere sind nur Rechtsgeschäfte mit Mietern unschädlich, jede andere gewerbliche Tätigkeit bleibt ohne Bagatellgrenze schädlich (z. B. FG Münster 21.01.2020, 6 K 1384/18F: Betrieb von Weihnachtsmarktständen an drei Tagen im Jahr ist schädlich). Ergänzend ist zu beachten, dass an die Gewinnermittlung erhöhte Anforderungen bestehen, da die gewerbesteuerfreien Gewinnanteile und die zwar unschädlichen, aber dennoch gewerbesteuerpflichtigen Gewinnanteile aus den Bagatellgeschäften identifiziert und getrennt ermittelt werden müssen.