Der Mau­ra­cher Gesetz­ent­wurf zur Moder­ni­sie­rung des Personengesellschaftsrechts

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Jus­tiz und Ver­brau­cher­schutz (BMJV) hat am 20.04.2020 den von einer Exper­ten­kom­mis­si­on erar­bei­te­ten Gesetz­ent­wurf zur Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts ver­öf­fent­licht. Von Dezem­ber 2018 bis März 2020 arbei­te­te die Exper­ten­kom­mis­si­on an dem Ent­wurf und schloss die­sen auf einer Klau­sur­ta­gung auf Schloss Mau­rach am Boden­see Anfang März ab – daher der Name, unter dem der Gesetz­ent­wurf der­zeit zirkuliert. 

Der Ent­wurf zielt ins­be­son­de­re dar­auf ab, das teil­wei­se aus dem 19. Jahr­hun­dert stam­men­de Recht der Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten an die Bedürf­nis­se des moder­nen Wirt­schafts­le­bens anzupassen. 

Der Ent­wurf beinhal­tet eini­ge wesent­li­che Ände­run­gen. Von einer voll­stän­di­gen Revi­si­on des Rechts der Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten hat die Exper­ten­kom­mis­si­on jedoch abgesehen.


Wesent­li­che Änderungen/​Neuerungen

  • Aner­ken­nung der Rechts­fä­hig­keit der GbR: Der Gesetz­ent­wurf imple­men­tiert die BGH-Recht­spre­chung (BGH, Urteil vom 29.01.2001 – II ZR 331/00 ARGE Wei­ßes Roß“), in der die im Rechts­ver­kehr nach außen auf­tre­ten­de Gesell­schaft bür­ger­li­chen Rechts (GbR) als rechts­fä­hig aner­kannt wurde.
  • Die GbR als Grund­form: Der Ent­wurf zielt dar­auf ab, die nach außen im Rechts­ver­kehr auf­tre­ten­de GbR als Grund­form der Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten und die im HGB gere­gel­ten Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten als deren spe­zi­el­le Aus­prä­gung zu ver­ste­hen. Folg­lich beinhal­tet § 705 Abs. 2 BGB‑E die Legal­de­fi­ni­ti­on einer rechts­fä­hi­gen Personengesellschaft.
    • Per­sön­li­che Haf­tung: Die per­sön­li­che und unein­ge­schränk­te Haf­tung eines Gesell­schaf­ters, die für die Gesell­schaf­ter einer GbR bis­lang nur über eine ana­lo­ge Anwen­dung des § 128 HGB begrün­det wer­den konn­te, ist nach dem Ent­wurf nun unmit­tel­bar im BGB (§ 721 BGB‑E) und nicht mehr in § 128 HGB gere­gelt. Für die Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten fin­det die Norm über die Ver­wei­sung in §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB‑E Anwendung.
    • Auf­lö­sungs- statt Aus­schei­dungs­grund: Die Kün­di­gung (§§ 723, 725 BGB), der Tod eines Gesell­schaf­ters (§ 727 BGB) sowie die Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens über das Ver­mö­gen eines Gesell­schaf­ters (§ 728 BGB) füh­ren nach § 723 BGB‑E nun nicht mehr zur Auf­lö­sung der Gesell­schaft, son­dern nur zum Aus­schei­den des Gesellschafters.
  • Ein­füh­rung eines Gesell­schafts­re­gis­ters, §§ 707 ff. BGB‑E: Von zen­tra­ler Bedeu­tung ist die Ein­füh­rung eines sog. Gesell­schafts­re­gis­ters. Dadurch sol­len die Exis­tenz, Iden­ti­tät und Ver­tre­tungs­ver­hält­nis­se der GbR trans­pa­ren­ter wer­den. Die Regis­ter­ein­tra­gung ist zwar im Grun­de frei­wil­lig und kei­ne Vor­aus­set­zung zur Erlan­gung der Rechts­fä­hig­keit. Die Regis­ter­ein­tra­gung ist jedoch Vor­aus­set­zung für den Erwerb bestimm­ter Rech­te. Dies betrifft alle regis­trier­ten oder regis­trie­rungs­fä­hi­gen Rech­te, wie z. B. Grund­stücks­rech­te (Grund­buch), Namens­ak­ti­en (Akti­en­re­gis­ter), Antei­le an einer GmbH (Gesell­schaft­er­lis­te), Mar­ken und Paten­te sowie ein­ge­tra­ge­ne Rech­te an Schif­fen. Damit wird letzt­lich doch ein star­ker Anreiz für eine Ein­tra­gung geschaffen.
    • Ände­run­gen: Ände­run­gen einer regis­trier­ten GbR müs­sen fort­lau­fend gemel­det wer­den, vgl. §§ 707 Abs. 3, 712 Abs. 3, 733, 737b Abs. 1 BGB‑E.
    • Sta­tus­wech­sel: Es wird ein neu­es Rechts­in­sti­tut des Sta­tus­wech­sels ein­ge­führt, § 707c BGB‑E. Dar­un­ter wird der Wech­sel von einer in einem Regis­ter ein­ge­tra­ge­nen Per­so­nen­ge­sell­schaft in ein ande­res Regis­ter ver­stan­den. Dies dient der Ver­ein­heit­li­chung der Hand­ha­bung ver­schie­de­ner Fäl­le für die Registergerichte.
    • Umwand­lun­gen nach UmwG: Eine ein­ge­tra­ge­ne GbR soll nach dem Ent­wurf in dem­sel­ben Maße wie Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten an Umwand­lungs­vor­gän­gen (Ver­schmel­zung, Spal­tung, Form­wech­sel) betei­ligt sein können.
  • Wei­te­re Öff­nung der Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten für Frei­be­ruf­ler: Schon seit Lan­gem ist aner­kannt, dass sich Wirt­schafts­prü­fer und Steu­er­be­ra­ter zur gemein­sa­men Berufs­aus­übung in einer OHG und KG zusam­men­schlie­ßen kön­nen. Der Kom­mis­si­ons­ent­wurf erwei­tert dies nun all­ge­mein auf die Ange­hö­ri­ge frei­er Beru­fe, also z. B. auch auf Rechts­an­wäl­te (§ 105 Abs. 2 HGB‑E). Aller­dings soll die Öff­nung unter einem berufs­recht­li­chen Vor­be­halt stehen.
  • Mehr­heits­klau­seln auch für Ände­run­gen des Gesell­schafts­ver­trags: An den Grund­prin­zi­pi­en für Beschluss­mehr­hei­ten wird nichts geän­dert. Das heißt, es gilt das Ein­stim­mig­keits­prin­zip, sofern die Gesell­schaf­ter nichts ande­res ver­ein­ba­ren, § 714 Satz 1 BGB‑E. Nach § 714 Satz 2 BGB‑E gilt die ein­fa­che Mehr­heits­klau­sel aber im Zwei­fel auch für Ände­run­gen des Gesell­schafts­ver­trags. Möch­ten die Gesell­schaf­ter dies nicht, müs­sen sie – anders als bei der GmbH – die höhe­re Mehr­heit also expli­zit vereinbaren.
  • Beschluss­män­gel­recht: Män­gel von Gesell­schaf­ter­be­schlüs­sen füh­ren bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten grund­sätz­lich zu deren Nich­tig­keit und kön­nen im Wege der all­ge­mei­nen Fest­stel­lungs­kla­ge gericht­lich gel­tend gemacht wer­den. § 714a Abs. 2 BGB‑E unter­schei­det nun­mehr zwi­schen sol­chen Män­geln, auf deren Ein­hal­tung nicht ver­zich­tet wer­den kann und die von Anfang an zur Nich­tig­keit des Beschlus­ses füh­ren, und sol­chen, die durch eine Anfech­tungs­kla­ge gericht­lich ange­grif­fen wer­den kön­nen. Inso­fern nähert sich das Per­so­nen­ge­sell­schafts­recht dem Recht der Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten an.


Fazit

Auch wenn das neue Per­so­nen­ge­sell­schafts­recht, das aller Vor­aus­sicht nach noch in die­ser Legis­la­tur­pe­ri­ode kommt, kei­ne Revo­lu­ti­on dar­stellt, gilt es für alle Gesell­schaf­ten, sich hier­auf vor­zu­be­rei­ten. Dies erfor­dert ins­be­son­de­re eine Über­prü­fung der Gesell­schafts­ver­trä­ge und die Klä­rung der Fra­ge, ob eine Ein­tra­gung in das Gesell­schafts­re­gis­ter not­wen­dig ist.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

Wir verwenden die nachfolgend aufgeführten Cookies, um die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren und um die Nutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Dadurch erhobene Daten geben wir an unsere Partner für Analysen weiter. Unsere Partner führen diese Informationen möglicherweise mit weiteren Daten zusammen, die Sie ihnen bereitgestellt haben oder die sie im Rahmen Ihrer Nutzung der Dienste gesammelt haben. Die jeweilige Einwilligung für die Nutzung der Cookies ist freiwillig, für die Nutzung dieser Website nicht notwendig und kann jederzeit widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.