Keine Überbrückungshilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten
Am 28.07.2020 haben wir hier einen Beitrag zur Überbrückungshilfe veröffentlicht, der auch die Frage beinhaltete „Unternehmen in Schwierigkeiten nach internationalen Regeln?“.
Das Thema Unternehmen in Schwierigkeiten (UiS) im Sinne der EU-Definition ist unverändert aktuell, denn antragsberechtigt für die Überbrückungshilfe III und III Plus sind nur Unternehmen, die zum 31.12.2019 kein UiS waren oder den UiS-Status bis zur Antragstellung „überwunden“ haben.
Eine Ausnahme besteht (gemäß Fußnote 8 zu Tz. 1.1 der FAQ) für kleine Unternehmen, die weniger als 50 Beschäftigte und einem Jahresumsatz und/oder eine Jahresbilanzsumme von weniger als 10 Millionen Euro haben. Diese gelten nur dann als UiS, wenn sie Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht sind oder sie bereits Rettungsbeihilfen oder Umstrukturierungsbeihilfen erhalten haben.
UiS Definition: Gemäß Artikel 2 Nummer 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) gilt als Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn unter anderem mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist.
Fraglich war, welche Bilanzierungsvorschrift (InsO, EStG, HGB oder IFRS) maßgeblich ist.
In den Beihilfe FAQ des BMWi (zuletzt Stand 03.08.2021) gibt es dazu in Tz. III 1 (Was gilt für Unternehmen in Schwierigkeiten?) einen Hinweis. Demnach soll es auf die Bilanz des letzten abgeschlossenen „Finanzjahres“ nach Maßgabe des „Handelsrechts“ ankommen. Weder der Begriff des „Finanzjahres“ noch des „Handelsrechts“ erscheint eindeutig.
Mit „Finanzjahr“ meint das BMWi sicherlich das Geschäftsjahr/Wirtschaftsjahr in Abgrenzung zum Kalenderjahr. Dies erscheint nicht weiter strittig, verdeutlicht aber die fehlende Präzision, die sich an diversen Stellen in den FAQ fortsetzen, so dass die FAQs in der Praxis zu Recht kritisiert werden.
Entscheidend ist die Frage, was mit Bilanz nach Maßgabe des „Handelsrechts“ gemeint sein soll. Offensichtlich ist die Abgrenzung zur insolvenzrechtlichen Überschuldungsbilanz sowie zur Steuerbilanz, die nicht maßgeblich sein sollen. Nicht offensichtlich ist, ob deutsches Handelsrecht (HGB) oder internationales Handelsrecht (IFRS) gemeint sein soll. Naheliegend erscheint aufgrund der Bezeichnung „Handelsrecht“ die Vermutung, dass das BMWi das deutsche HGB, in dem das (nationale) Handelsrecht geregelt ist, für maßgeblich erachtet.
Eine solche Auffassung des BMWi würde aber teilweise im Widerspruch zur Auslegung der KfW stehen, was überraschend ist, da das BMWi einen Absatz zuvor auf das entsprechende Merkblatt der KfW (Stand: 07/2020, Bestellnummer: 600 000 4661) verweist. Dort schreibt die KfW unter Tz. 2.1.3, dass „Eigenmittel“ nach IFRS zu klassifizieren sind:
„Eigenmittel sind nach der Auffassung der Europäischen Kommission grundsätzlich solche Positionen, die nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IAS beziehungsweise IFRS) den Eigenmitteln zugeordnet werden. Nachrangdarlehen sind als Fremdkapital einzustufen. Stille Beteiligungen und Genussrechte können abhängig von ihrer Ausgestaltung als Eigenmittel zu qualifizieren sein.“
Bedauerlich ist, dass die KfW keine Fundstelle für die „Auffassung der europäischen Kommission“ nennt. Es überrascht, dass diese eigentlich einfache Frage, welche Bilanzierungsregelungen für die Qualifizierung als UiS maßgeblich sind, die für alle Beihilfen relevant ist, nicht rechtssicher beantwortet werden kann. Diese von der Verwaltung begründete Unsicherheit darf sich nicht zu Lasten der Unternehmen auswirken.
Falls Sie als UiS nach HGB gelten, sprechen Sie uns gerne auf mögliche Lösungsansätze an.