Update: Virtuelle Hauptversammlung geht 2021 (voraussichtlich) in die Verlängerung
Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat am 18.09.2020 den Referentenentwurf einer Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts‑, Genossenschafts‑, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19 Pandemie vorgelegt. Hierdurch soll die zunächst nur für das Jahr 2020 vorgesehene Möglichkeit der Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen auch ohne satzungsmäßige Grundlage (siehe auch unseren Beitrag vom 07.05.2020) um ein Jahr bis zum 31.12.2021 verlängert werden.
Gleiches gilt für die ebenfalls durch das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts‑, Genossenschafts‑, Vereins‑, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vom 27.03.2020 (Covid-19-Gesetz) geschaffene Regelung zur Erleichterung für die Durchführung von Gesellschafterbeschlüssen der GmbH in Textform. Somit sind derartige Gesellschafterbeschlüsse weiterhin möglich, ohne dass sich sämtliche Gesellschafter mit diesem Verfahren einverstanden erklären müssen.
Dem Vernehmen nach ist allerdings vor Inkraftsetzung der Verordnung durch das BMJV noch ein Kabinettsbeschluss erforderlich, sodass es noch zu Änderungen kommen könnte.
Hinweise des BMJV
In der Begründung der Verordnung finden sich verschiedene Hinweise des BMJV zum Umgang der Gesellschaften mit virtuellen Hauptversammlungen im kommenden Jahr. Rechtlich bindend sind die Hinweise allerdings nicht. Wir verstehen sie eher als „politischen Appell“. Dieser Appell wird jedoch mit Sicherheit große Bedeutung erlangen, wenn es in Zukunft darum geht, wie virtuelle Hauptversammlungen nach der COVID-19 Pandemie auszugestalten sind. Vor diesem Hintergrund ist es für den Vorstand und das HV-Team durchaus ratsam, sich mit den folgenden Hinweisen zu befassen
- Prüfung der Notwendigkeit der Durchführung einer virtuellen HV: Auch wenn Hauptversammlungen noch im gesamten Kalenderjahr 2021 als virtuelle Hauptversammlungen abgehalten werden können, sollten die Unternehmen, so die Begründung, von diesem Instrument im Einzelfall nur dann Gebrauch machen, wenn dies unter Berücksichtigung des konkreten Pandemiegeschehens erforderlich erscheint. Durch die Verlängerung soll daher insbesondere für diejenigen Unternehmen Planungssicherheit geschaffen werden, die ihre ordentlichen oder außerordentlichen Hauptversammlungen in den ersten Monaten des Kalenderjahrs 2021 abhalten wollen.
- Fragerecht: Die Begründung gibt den Unternehmen an die Hand, mit der Fragemöglichkeit, insbesondere bei der vorherigen Einreichung der Fragen, möglichst aktionärsfreundlich zu verfahren. Dies allein schon deshalb, weil davon auszugehen sei, dass den Unternehmen nach Abhaltung der ersten virtuellen Hauptversammlungen und den dabei gesammelten Erfahrungen nun ausreichend Zeit zur Verfügung stand, sich auf den Umgang mit Aktionärsfragen einzustellen
- So könne der Vorstand etwa von der durch das Covid-19-Gesetz eröffneten Möglichkeit absehen, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung einzureichen sind. Es sollte – im Rahmen der im Einzelfall zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten – gegebenenfalls ermöglicht werden, Fragen auch noch während der Hauptversammlung einzureichen. Hierbei sollte man aber stets sowohl den organisatorischen Aufwand als auch mögliche „Störer“ im Blick behalten. In der aktuellen HV-Saison war zu beobachten, dass viele Fragen erst kurz vor Ablauf der 2‑Tage-Frist bei den Gesellschaften eingegangen sind. Sollte der Vorstand jetzt sogar noch während der Versammlung mit Fragen „bombardiert“ werden (was online leicht möglich ist) dürfte es doppelt schwerfallen, in der Kürze der Zeit die wichtigen Fragen, deren Beantwortung im Interesse aller Aktionäre liegt, von den unwichtigen zu trennen.
- Zudem, so der Wunsch des BMJV, sollte der Vorstand das ihm zustehende pflichtgemäße und freie Ermessen dahingehend ausüben, möglichst viele der eingereichten Fragen auch zu beantworten. Dagegen ist im Prinzip nichts zu sagen. Man darf aber auch nicht verkennen, dass eine Zusammenfassung von Fragen, insbesondere, wenn diese thematisch zusammengehören, aber auch das Weglassen einzelner Fragen, am Ende einen Informationsgewinn für alle Aktionäre bedeuten können – anders, als wenn jede einzelne (und ggf. noch so irrelevante) Frage beantwortet wird.
- So könne der Vorstand etwa von der durch das Covid-19-Gesetz eröffneten Möglichkeit absehen, dass Fragen bis spätestens zwei Tage vor der Versammlung einzureichen sind. Es sollte – im Rahmen der im Einzelfall zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten – gegebenenfalls ermöglicht werden, Fragen auch noch während der Hauptversammlung einzureichen. Hierbei sollte man aber stets sowohl den organisatorischen Aufwand als auch mögliche „Störer“ im Blick behalten. In der aktuellen HV-Saison war zu beobachten, dass viele Fragen erst kurz vor Ablauf der 2‑Tage-Frist bei den Gesellschaften eingegangen sind. Sollte der Vorstand jetzt sogar noch während der Versammlung mit Fragen „bombardiert“ werden (was online leicht möglich ist) dürfte es doppelt schwerfallen, in der Kürze der Zeit die wichtigen Fragen, deren Beantwortung im Interesse aller Aktionäre liegt, von den unwichtigen zu trennen.
- Anpassung der Satzung: Ohne Einschränkung zuzustimmen ist dem Hinweis, Satzungen für die Zukunft „virtuell-sicher“ zu machen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass nach Auslaufen der COVID-19-Gesetzgebung virtuelle (oder hybride) Hauptversammlungen nur auf Basis einer entsprechenden Ermächtigung in der Satzung zulässig sein werden. Es gibt aber immer noch genug Gesellschaften, die über keine entsprechenden Satzungsklauseln verfügen.