Mehr Flexibilität
bei disquotalen Gewinnausschüttungen
Die Finanzverwaltung erweitert die Handlungsmöglichkeiten für GmbHs und ihre Gesellschafter im Rahmen sogenannter disquotaler oder inkongruenter Gewinnausschüttungen. In einem aktuellen BMF-Schreiben passt sie ihre Auffassung zur steuerlichen Anerkennung von disquotalen Gewinnausschüttungen an die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs an (BMF-Schreiben vom 04.09.2024).
Hintergrund
Disquotale Gewinnausschüttungen können dann wirtschaftlich geboten sein, wenn in einem Gesellschafterkreis unterschiedliche Ansprüche an die Höhe der beanspruchten Gewinnausschüttung bestehen. Disquotale Gewinnausschüttungen erfolgen gerade nicht entsprechend des Anteils der einzelnen Gesellschafter am Grund- oder Stammkapital. Ein abweichender Gewinnausschüttungsmaßstab kann vielmehr unterschiedliche Ausschüttungsinteressen der einzelnen Gesellschafter und Finanzierungsaspekte auf Ebene der Gesellschaft berücksichtigen. Versagt die Finanzverwaltung solchen Gewinnausschüttungsbeschlüssen allerdings die steuerliche Anerkennung, führt dies für steuerliche Zwecke zu fiktiven Gewinnauschüttungen mit steuerlichen Folgen bei der Gesellschaft und den Gesellschaftern ohne tatsächlichen Zufluss.
Neues BMF-Schreiben
Bisher setzte die Finanzverwaltung zur steuerlichen Anerkennung disquotaler Gewinnausschüttung voraus, dass der Gesellschaftsvertrag einen vom Verhältnis der Geschäftsanteile abweichenden Maßstab der Gewinnverteilung festsetzt oder hierfür zumindest eine Öffnungsklausel enthält. Das nun angepasste BMF-Schreiben des BMF vom 04.09.2024 erweitert die steuerliche Anerkennung auf weitere Fälle. Grundsätzlich sollen danach alle zivilrechtlich wirksamen Gesellschafterbeschlüsse zur inkongruenten Gewinnausschüttung auch steuerrechtlich anerkannt werden. Dies soll insbesondere auch für Beschlüsse über Vorabgewinnausschüttungen gelten, die zwar die Gesellschaftssatzung punktuell durchbrechen, aber zivilrechtlich wirksam sind. Auch eine gespaltene Gewinnverwendung, bei welcher der Mehrheitsgesellschafter seinen Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern zunächst in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt, soll grundsätzlich auch steuerlich anerkannt werden.
Praxishinweis
Die Finanzverwaltung erweitert mit ihrer Anerkennung der BFH-Rechtsprechung den rechtssicheren Handlungsbereich für GmbHs und ihre Gesellschafter. Dies ermöglicht insbesondere mehr Flexibilität für disquotale Gewinnausschüttungen ohne Satzungsanpassungen. Der erweiterte Rahmen hierfür und die zivilrechtlichen Erfordernisse sollten jedoch vor Ausschüttungsbeschlüssen geprüft werden, um steuerliche Risiken – auch schenkungsteuerlicher Art – zu vermeiden.
Ansprechpartner
Timo Vahsen
Geschäftsführer
Steuerberater
Fachberater für Internationales Steuerrecht
Telefon: +49 40 4223 6660-38