OLG München:
Managermodell ist nicht gleich Managermodell
Entscheidung
Sittenwidrig und damit nichtig sind nach Auffassung des OLG München Klauseln, die einen Gesellschafter dazu verpflichten, seine Beteiligung an der Gesellschaft im Falle der Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit an die Gesellschaft zu übertragen, wenn es dem Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund des von ihm gehaltenen 25%igen Anteils und der Vielzahl der übrigen Gesellschafter faktisch nicht unmöglich ist, in der Gesellschafterversammlung seinen Willen durchzusetzen und der Gesellschafter gleichzeitig mit seiner Beteiligung das erhebliche wirtschaftliche Risiko der Bereitstellung zusätzlicher Mittel eingegangen ist (OLG München, Urteil vom 13.05.2020 – 7 U 1844/19).
Hintergrund
Es ist allgemein anerkannt, dass gesellschaftsvertragliche Regelungen, die einem Gesellschafter, einer Gruppe von Gesellschaftern oder der Gesellschaftermehrheit in einer GmbH oder einer Personengesellschaft das Recht einräumen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, grundsätzlich nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig sind. Hiervon sind nur wenige Ausnahmen anerkannt. Eine davon ist das sogenannte „Managermodell“ (vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2005 – II ZR 173/04). Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass einem Geschäftsführer im Hinblick auf seine Geschäftsführerstellung eine Minderheitsbeteiligung eingeräumt wird, für die er nur ein Entgelt in Höhe des Nennwerts zu zahlen hat und die er bei Beendigung seines Geschäftsführeramtes gegen eine der Höhe nach begrenzte Abfindung zurückzuübertragen hat. Die Beteiligung hat die Funktion, den Geschäftsführer stärker an das Unternehmen zu binden, seine Motivation zu steigern und seine Stellung als „geschäftsführender Gesellschafter“ innerhalb des Betriebs und nach außen aufzuwerten. Wirtschaftlich im Vordergrund steht die Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft. In dem vom BGH entschiedenen Fall war der Geschäftsführer mit 10 % an der Gesellschaft beteiligt und es gab nur einen Mitgesellschafter, der mit seiner Beteiligung von 90 % in der Gesellschafterversammlung alles entscheiden konnte.
Ganz anders lag der Sachverhalt in dem vom OLG München entschiedenen Fall: Hier war der Gesellschafter-Geschäftsführer mit 25 % an der Gesellschaft beteiligt, es gab eine Vielzahl von Gesellschaftern (insgesamt 17) und der Gesellschafter hatte, wie die übrigen Gesellschafter auch, der Gesellschaft gleichzeitig mit seiner Beteiligung weitere erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt. Damit war er also ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Risiko eingegangen. Insbesondere wegen der Gesellschaftsstruktur war es ihm auch faktisch nicht unmöglich, in der Gesellschafterversammlung seinen Willen durchzusetzen.
Keine Rolle spielte nach Auffassung des Gerichts, dass die Rückkaufs- und Rückübertragungsverpflichtung nicht unmittelbar im Gesellschaftsvertrag geregelt war, sondern außerhalb davon in sog. „CEO-Zusatzbestimmungen“, die wiederum Anlage der Gesellschaftervereinbarung waren. Denn die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Vereinbarungen erfasse auch die Wirksamkeit der von der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse. Ebenfalls ohne Bedeutung war, dass die Anteile nicht gemäß § 34 GmbHG eingezogen wurden, sondern ein Ankaufsrecht vereinbart war.
Praxishinweis
Die Entscheidung des OLG München ist von außerordentlicher Bedeutung für die Transaktionspraxis. Insbesondere in Private-Equity- und Venture-Capital-Transaktionen finden sich nahezu immer komplexe Regelungen zur Beteiligung (bzw. Rückbeteiligung) des Managements und der Gründer (good leaver/bad leaver). Besonderes Augenmerk ist auf die Höhe der Beteiligung, die Gesellschafterstruktur und die Frage, welche zusätzlichen Beiträge bzw. Einlagen der Gesellschafter/Geschäftsführer leisten soll, zu richten. Nicht zu unterschätzen ist auch die finanzielle Seite: Während der klagende Gesellschafter mit nur 300.000 Euro abgefunden werden sollte, hatte der Anteil nach seinem Vortrag einen Wert von 2,5 Mio. Euro. Spannend bleibt, ob der BGH die Auffassung des OLG teilt.