Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen in Kraft getreten
Das Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften ist am 26.07.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und damit in Kraft getreten. Virtuelle Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, aber auch von Genossenschaften, auf die die Anwendbarkeit des Gesetzentwurfs noch erweitert wurde, sind künftig somit auch nach Auslaufen der Corona-Bestimmungen am 31.08.2022 möglich. Wer aber gehofft hätte, dass der Gesetzgeber es sich nach der Kritik an dem Regierungsentwurf (siehe dazu unseren Beitrag vom 13.05.2022) noch einmal anders überlegen und zu einer AG-freundlicheren Regelung – so wie in dem (in der Sache ausgewogenen) Referentenentwurf ursprünglich vorgesehen – zurückkehren würde, sieht sich enttäuscht. Neben ein paar Klarstellungen hat es nur noch einige wenige Änderungen gegeben, die aber nicht mehr groß ins Gewicht fallen.
Kommunikation
- Bericht des Vorstands (Vorstandsrede): Es wird klargestellt, dass den Aktionären der Bericht des Vorstands (oder dessen wesentlicher Inhalt) nur dann bis spätestens sieben Tage vor der Versammlung zugänglich gemacht werden muss, wenn der Vorstand von der Möglichkeit des § 131 Abs. 1a S. 1 AktG Gebrauch macht und die Einreichung von Fragen bis drei Tage vor der Versammlung anordnet (§ 118a Abs. 1 S. 2 Nr. 5 AktG).
- Stellungnahmen von Aktionären: Das Recht der Aktionäre zur Einreichung von Stellungnahmen kann, ebenso wie deren Zugänglichmachen, auf ordnungsgemäß zu der Versammlung angemeldete Aktionäre beschränkt werden (§ 130a Abs. 1 S. 2 und 2 AktG‑E). Im letzteren Fall kann dies auch über die Internetseite eines Dritten, also insbesondere des HV-Dienstleisters, erfolgen.
- Redebeiträge: Die Gesellschaft kann sich in der Einberufung vorbehalten, die Funktionsfähigkeit der Videokommunikation zwischen Aktionär und Gesellschaft in der Versammlung und vor dem Redebeitrag zu überprüfen und diesen zurückzuweisen, sofern die Funktionsfähigkeit nicht sichergestellt ist (§ 130a Abs. 6 AktG).
- Fragerecht: Zwar nicht ausdrücklich im Gesetz eingefügt, aber immerhin in der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (dort S. 35) findet sich der Hinweis, dass auch eine Gesamthöchstzahl an Fragen als zulässige Beschränkung des Umfangs der einzureichenden Fragen vorgesehen werden kann. Unseres Erachtens kann für die von den Aktionären einzureichenden Stellungnahmen nichts anderes gelten.
- Aktionärsanträge und Wahlvorschläge: Den Aktionären muss künftig die Möglichkeit gegeben werden, Anträge und Wahlvorschläge in der Versammlung im Wege der Videokommunikation zu stellen (und nicht nur im Wege elektronischer Kommunikation).
Satzungsermächtigung
Die im RegE enthaltene Möglichkeit, dass in der Satzung bestimmte Gegenstände von der virtuellen HV ausgenommen werden können (§ 118a Abs. 1 S. 2 AktG‑E), wurde fallengelassen.
Fazit
Die virtuelle Hauptversammlung wird künftig erhebliche Änderungen gegenüber dem „Covid-Format“ erfahren. Dies betrifft sowohl das Vorfeld der HV als auch die Kommunikation in der HV selbst. Insbesondere die technischen Anforderungen werden für viele Gesellschaften, insbesondere kleinere Gesellschaften, steigen und ohne einen HV-Dienstleister kaum umzusetzen sein. Allen Gesellschaften sei daher geraten, sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen.
Auf die Unterschiede zur Covid-HV, aber auch auf erste praktische Probleme werden wir an dieser Stelle in den kommenden Monaten in loser Abfolge eingehen.