Regierungsentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz mit minimalen Anpassungen
Am 27.07.2022 hat das Bundeskabinett auf den Referentenentwurf („RefE“) für ein „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG)“ (siehe dazu auch unseren Beitrag vom 27.04.2022) reagiert. Das Thema Whistleblowing und Hinweisgeberschutz nimmt nun die nächste Etappe. Allerdings sind die Änderungen des Regierungsentwurfs („RegE“) gegenüber dem RefE minimal, grundsätzliche Anpassungen erfolgen nicht.
Hintergrund
Die wesentlichen Änderungen/Neuerungen im RegE sind Folgende:
- Änderungen im Wettbewerbsrecht: Bei der Meldung von Wettbewerbsverstößen kann sich der Hinweisgeber künftig auch parallel an das Bundeskartellamt („BKartA“) wenden und muss nicht auf den Ausgang der internen Prüfung seines Hinweises warten. Es sei wichtig, dass es der hinweisgebenden Person unbenommen bleibt, jederzeit auch das BKartA über den Verstoß zu informieren, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Dieses Prozedere soll nach der Begründung des RegE eine umfassende und effektive Durchsetzung des Kartellverbots sichern und verhindern, dass Kartellrechtsverstöße von beteiligten Unternehmen (etwa durch Verdunkelung des Sachverhalts) vollständig aufgedeckt werden. Ergänzt wurde auch die Zuständigkeit des Bundeskartellamts als externe Meldestelle für Verstöße gegen nationales Kartellrecht (§§ 2, 22 HinschG-RegE).
- Bearbeitung auch anonymer Hinweise: Während der RefE die Bearbeitung anonymer Hinweise nicht vorsah, regelt der RegE nunmehr, dass von der internen Meldestelle auch anonyme Hinweise bearbeitet werden sollen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dadurch die vorrangige Bearbeitung nichtanonymer Meldungen nicht gefährdet wird. Nicht verpflichtend ist allerdings weiterhin, dass die interne Meldestelle so ausgestaltet ist, dass sie auch anonyme Meldungen ermöglicht.
- Einrichtung im Konzern: Der RefE zum HinschG sah bereits vor, dass einzelne Tochtergesellschaften die Funktion einer internen Meldestelle für die anderen Konzernunternehmen übernehmen können und stand damit im Widerspruch zu zwei Stellungnahmen der EU-Kommission. Der RegE kommt der Kritik der EU-Kommission nun entgegen und verlangt in der Gesetzesbegründung des HinschG‑E, dass durch die konzerninterne Meldestelle keine zusätzlichen Hürden für hinweisgebende Personen aufgebaut werden dürfen. Darüber hinaus müssten interne Meldungen jeweils in der betroffenen Konzerngesellschaft vorherrschenden Arbeitssprache erfolgen können.
- Anpassung der Geldbußen: Im RegE wird nunmehr zwischen leichtfertigen und fahrlässigen Verletzungen der Vertraulichkeit unterschieden. Während die leichtfertige Vertraulichkeitsverletzung weiterhin eine Geldbuße von bis zu 100.000 Euro nach sich ziehen kann, wird der fahrlässige Vertraulichkeitsverstoß mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro geahndet. Zu beachten ist, dass § 40 Abs. 6 S. 2 RegE eine Verweisung auf § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG enthält, wonach die höchstmögliche Geldbuße auf das bis zu 10-fache der vorstehend genannten Höchstbeträge erhöht werden kann.
Fazit
Es ist mit einer zügigen Umsetzung des HinschG ab Herbst 2022 zu rechnen. Das Gesetz soll nach dem RegE dann drei Monate nach seiner Verkündung in Kraft treten. Spätestens im Januar 2023 dürfte das HinschG damit für Unternehmen ab einer Anzahl von 249 Mitarbeitern Wirkung entfalten.
Nach wie vor sind leider zahlreiche Fragen im RegE des HinschG nicht geklärt, so wird sich erst in der Praxis zeigen, wie arbeitsrechtliche Aspekte unter anderem zur Beweislast bei konkreten Disziplinarmaßnahmen eines Arbeitgebers (zum Beispiel Kündigung) gegenüber dem Hinweisgeber oder aber die Kausalität bei Repressalien zu berücksichtigen sind. Weitere praktische Fragen werden sich auch bei der Formulierung der Dienstleistungsverträge zwischen Unternehmen und interner Meldestelle zeigen, denn der RegE enthält keine Leitlinien oder Praxisbeispiele, an denen sich Unternehmen orientieren könnten.
Ansprechpartner
Alexander Hausner, LL. M.
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
zert. Datenschutzbeauftragter
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