OLG Mün­chen:
Gesell­schaf­ter­aus­schluss durch Gestal­tungs­ur­teil nur bei Mög­lich­keit der Abfindungszahlung

Ent­schei­dung

Eine Kla­ge auf Aus­schlie­ßung eines Gesell­schaf­ters aus einer GmbH ist abzu­wei­sen, wenn bei Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung fest­steht, dass die Gesell­schaft die Abfin­dung an den aus­zu­schlie­ßen­den Gesell­schaf­ter nicht zah­len kann. Abzu­stel­len ist dabei nicht auf die vor­han­de­ne Liqui­di­tät der Gesell­schaft, son­dern auf die Erhal­tung des Stamm­ka­pi­tals, also die bilan­zi­el­le Situa­ti­on (OLG Mün­chen, Urteil vom 16.06.2021 – 7 U 1407/19; nicht rechtskräftig).


Hin­ter­grund

Die betrof­fe­ne GmbH bestand aus zwei zu je zu 50 % betei­lig­ten Gesell­schaf­tern. Der Gesell­schafts­ver­trag ent­hielt kei­ne Rege­lun­gen zur Aus­schlie­ßung von Gesell­schaf­tern oder zur Ein­zie­hung von deren Antei­len. Die Gesell­schaf­ter gerie­ten in Streit. Einer erhob Kla­ge auf Aus­schlie­ßung des ande­ren, da er des­sen Ver­bleib in der Gesell­schaft für unzu­mut­bar hielt.

Wie schon die ers­te Instanz wies das OLG Mün­chen (Beru­fungs­in­stanz) die Kla­ge ab. Denn zum Zeit­punkt des Schlus­ses der münd­li­chen Ver­hand­lung im Gerichts­pro­zess stand fest, dass die Gesell­schaft die Abfin­dung an den aus­zu­schlie­ßen­den Gesell­schaf­ter nicht aus ihrem frei­en, unge­bun­de­nen (das Stamm­ka­pi­tal über­stei­gen­de) Ver­mö­gen auf­brin­gen konn­te. Das Gericht zog damit eine Par­al­le­le zur Aus­schlie­ßung von Gesell­schaf­tern per Gesell­schaf­ter­be­schluss. Beschlüs­se, bei denen die Finan­zie­rung der Abfin­dung infra­ge steht, kön­nen nich­tig sein. Im Inter­es­se der Gesell­schafts­gläu­bi­ger (§ 30 Abs. 1 GmbHG) darf durch die Abfin­dungs­zah­lung kei­ne Unter­bi­lanz ent­ste­hen oder eine bereits bestehen­de Unter­bi­lanz ver­tieft werden.


Pra­xis­hin­weis

Die Aus­schlie­ßung eines GmbH-Gesell­schaf­ters ist ein wich­ti­ges Instru­ment, um pflicht­wid­rig han­deln­de Gesell­schaf­ter vor die Tür zu setzen“.

Rechts­tech­nisch geschieht dies in der Regel über die sog. Ein­zie­hung der Geschäfts­an­tei­le des betrof­fe­nen Gesell­schaf­ters. Antei­le und Mit­glied­schaft wer­den so vernichtet.

Gesell­schaf­ter sind daher gut bera­ten, die Ein­zie­hung gegen den Wil­len eines Gesell­schaf­ters per Beschluss der übri­gen Gesell­schaf­ter im Gesell­schafts­ver­trag vor­zu­se­hen. Dort soll­ten exem­pla­ri­sche Grün­de für den Raus­wurf“ eben­so gere­gelt wer­den, wie Berech­nungs­me­tho­dik und Zah­lungs­be­din­gun­gen der Abfin­dung. Ist die Ein­zie­hung von Geschäfts­an­tei­len im Gesell­schafts­ver­trag nicht vor­ge­se­hen, muss die Aus­schlie­ßung klag­wei­se vor Gericht durch­ge­setzt wer­den. Bei Gesell­schaf­ten mit nur zwei Gesell­schaf­tern muss sogar stets geklagt wer­den, weil der aus­zu­schlie­ßen­de Gesell­schaf­ter bei einem Beschluss nicht mit­stim­men dürfte.

Das OLG Mün­chen stellt nun kon­se­quen­ter­wei­se klar, dass der Schutz der Gläu­bi­ger unab­hän­gig davon zu beach­ten ist, ob per Beschluss oder per Gerichts­ur­teil aus­ge­schlos­sen bzw. ein­ge­zo­gen wird. So oder so schlägt die Aus­schlie­ßung also fehl, wenn schon bei Beschluss­fas­sung bzw. im Gerichts­pro­zess klar ist, dass die Abfin­dungs­zah­lung nicht ein­mal das vol­le Stamm­ka­pi­tal übrig­las­sen würde.

In der Pra­xis ist drei­er­lei Vor­sor­ge zu treffen:

  • Rege­lung von Ein­zie­hung und ihrer Bedin­gun­gen im Gesellschaftsvertrag
  • Rege­lung der Berech­nungs­me­tho­dik und Zah­lungs­be­din­gun­gen der Abfindung
  • Sicher­stel­lung hin­rei­chen­der Ver­mö­gens­aus­stat­tung der Gesell­schaft durch Bereit­stel­lung der Abfin­dungs­mit­tel, zum Bei­spiel durch Zah­lun­gen in die Kapi­tal­rück­la­ge der Gesell­schaft oder Mit­ver­pflich­tung der Gesell­schaf­ter zur Auf­brin­gung der Mittel

Ansprechpartner


Wir verwenden die nachfolgend aufgeführten Cookies, um die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren und um die Nutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Dadurch erhobene Daten geben wir an unsere Partner für Analysen weiter. Unsere Partner führen diese Informationen möglicherweise mit weiteren Daten zusammen, die Sie ihnen bereitgestellt haben oder die sie im Rahmen Ihrer Nutzung der Dienste gesammelt haben. Die jeweilige Einwilligung für die Nutzung der Cookies ist freiwillig, für die Nutzung dieser Website nicht notwendig und kann jederzeit widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.