BFH:
Erbschaftsteuerliche und schenkungsteuerliche Anteilsbewertung
Der BFH konkretisierte die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung von GmbH-Anteilen an einer Familien-Holding und gibt damit insbesondere Orientierungspunkte für Familiengesellschaften (BFH, Urteil vom 25.09.2024 – II R 49/22, BFH vom 25.09.2024 – II R 15/21).
Hintergrund
Anteile an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft sind für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Dieser ist vorrangig aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Andernfalls ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten oder nach einer anderen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr anerkannten Bewertungsmethode zu ermitteln. Bislang war offen, ob Drittverkaufswerte den Substanzwert unterschreiten dürfen.
Im Entscheidungsfall wurden Anteile an einer Familienholding-Gesellschaft den Kindern übertragen. Zur Wertermittlung wurden Verkäufe anderer Geschäftsanteile in Jahresfrist heranzogen, die überwiegend zwischen entfernt verwandten Familienangehörigen erfolgten. Die Kaufpreise richteten sich nach einem durch die Steuerabteilung ermittelten Substanzwert des Unternehmens abzüglich eines pauschalen Holding-Abschlags von 20 %.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte, dass der gemeine Wert auf Basis von Fremdverkäufen den Substanzwert unterschreiten kann, wenn eine Ableitung des (niedrigeren) gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten in Jahresfrist möglich ist. Solche Fremdverkäufe müssen sich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr und nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen bilden. Dies sah der BFH im Entscheidungsfall beeinträchtigt, wenn die Anteile zunächst bestimmten Personen nacheinander zum Kauf anzubieten waren und der von der Zentralabteilung Steuern ermittelte Anteilswert jahrelang praktisch eine freie Preisverhandlung ersetzte. Auch ein „Holdingabschlag“ kann nicht in jahrelang gleicher Höhe und ohne Bezug zum konkreten Unternehmen geltend gemacht werden.
Praxishinweis
Der BFH erweitert mit seinen aktuellen Urteilen die Bewertungsbandbreite. Ein gemeiner Wert, der auf Basis von Fremdverkäufen in Jahresfrist ermittelt wird, kann den Substanzwert auch unterschreiten. Allerdings stellt der BFH hohe Anforderungen an solche Fremdverkäufe. Sie müssen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Preisbildung entstehen. Preisbestimmende Regelungen des Gesellschaftsvertrags können eine solche Preisbildung verhindern.
Ansprechpartner
Timo Vahsen
Geschäftsführer
Steuerberater
Fachberater für Internationales Steuerrecht
Telefon: +49 541 201 927-38