BGH:
Ver­tre­tung der AG bei Rechts­ge­schäf­ten mit einer GmbH, deren allei­ni­ger Gesell­schaf­ter ein Vor­stands­mit­glied ist

15.03.2019


Ent­schei­dung

Der BGH hat ent­schie­den, dass § 112 Satz 1 AktG nicht nur bei Rechts­ge­schäf­ten der Akti­en­ge­sell­schaft anwend­bar ist, die mit dem Vor­stands­mit­glied selbst geschlos­sen wer­den, son­dern auch bei Rechts­ge­schäf­ten mit einer Gesell­schaft, deren allei­ni­ger Gesell­schaf­ter ein Vor­stands­mit­glied ist, und somit in sol­chen Fäl­len der Auf­sichts­rat für die Ver­tre­tung der AG zustän­dig ist. Dies gilt auch dann, die betref­fen­de Per­son zum Zeit­punkt des Abschlus­ses des Ver­trags noch nicht Mit­glied des Vor­stands ist, son­dern im Zusam­men­hang mit dem Ver­trags­schluss erst zum Vor­stand bestellt wer­den soll (BGH, Urteil vom 15.01.2019 – II ZR 392/17).


Hin­ter­grund

Die Klä­ge­rin, eine AG, schloss u.a. mit der Beklag­ten, einer Ein-Per­so­nen-GmbH, einen Geschäfts­an­teils­kauf- und Über­tra­gungs­ver­trag über Geschäfts­an­tei­le an einer GmbH ab. Der Geschäfts­füh­rer und Allein­ge­sell­schaf­ter der Beklag­ten soll­te künf­tig eine Füh­rungs­po­si­ti­on bei der Klä­ge­rin erhal­ten. Am Tag der Ver­trags­un­ter­zeich­nung wur­de die Bestel­lung des Geschäftsführers/​Gesellschafters der Beklag­ten zum Vor­stand der Klä­ge­rin beschlos­sen und der Vor­stands­dienst­ver­trag vom Auf­sichts­rat unter­schrie­ben. Bei Abschluss des Geschäfts­an­teils­kauf­ver­trags wur­de die Klä­ge­rin hin­ge­gen durch einen Bevoll­mäch­tig­ten ihres Vor­stands vertreten.

Die Klä­ge­rin nimmt die Beklag­te mit der Begrün­dung, der Geschäfts­an­teils­kauf­ver­trag sei wegen Ver­sto­ßes gegen § 112 Satz 1 AktG nich­tig, auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Anspruch – mit Erfolg, weil nach Auf­fas­sung des BGH die Klä­ge­rin bei Abschluss des Ver­trags nicht ord­nungs­ge­mäß ver­tre­ten gewe­sen sei. Denn auch im Fall des Abschlus­ses eines Ver­trags mit einer 100%igen Toch­ter­ge­sell­schaft eines Vor­stands­mit­glieds sei der Auf­sichts­rat zur Ver­tre­tung der Gesell­schaft berufen. 

Die erwei­tern­de Aus­le­gung des § 112 AktG wird vom BGH ins­be­son­de­re mit dem Schutz­zweck der Norm begrün­det. So sol­le in Fäl­len, in denen eine wirt­schaft­li­che Iden­ti­tät zwi­schen dem Vor­stands­mit­glied und der ihm allein gehö­ren­den Gesell­schaft besteht, Inter­es­sen­kol­li­sio­nen und einem Rechts­miss­brauch vor­ge­beugt wer­den. Die Gleich­stel­lung von nahe­ste­hen­den Per­so­nen mit dem eigent­li­chen Norm­adres­sa­ten sei im Übri­gen auch in ande­ren Fäl­len aner­kannt, so z. B. bei ver­bo­te­nen Aus­zah­lun­gen an den Aktio­när oder den GmbH-Gesell­schaf­ter oder bei Stimmverboten.


Pra­xis­hin­weis

Die Ver­tre­tungs­re­ge­lung des § 112 AktG birgt für die Pra­xis immer wie­der Risi­ken. Die­sen kann die Gesell­schaft nur dann wirk­sam begeg­nen, wenn die AG Kennt­nis von der Gesell­schafts­struk­tur des Ver­trags­part­ners, und damit auch von sei­nen Gesell­schaf­tern, hat.

Nicht ent­schie­den hat der BGH, ob § 112 AktG mit der herr­schen­den Lite­ra­tur auch bei einer blo­ßen Mehr­heits­be­tei­li­gung gilt. Aus Grün­den der Vor­sicht soll­te in sol­chen Fäl­len neben dem Vor­stand immer auch der Auf­sichts­rat den Ver­trag mitunterzeichnen.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

Wir verwenden die nachfolgend aufgeführten Cookies, um die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren und um die Nutzerfreundlichkeit zu erhöhen. Dadurch erhobene Daten geben wir an unsere Partner für Analysen weiter. Unsere Partner führen diese Informationen möglicherweise mit weiteren Daten zusammen, die Sie ihnen bereitgestellt haben oder die sie im Rahmen Ihrer Nutzung der Dienste gesammelt haben. Die jeweilige Einwilligung für die Nutzung der Cookies ist freiwillig, für die Nutzung dieser Website nicht notwendig und kann jederzeit widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.