Umsatzsteuer auf Aufsichtsrats- und Beiratsvergütungen
Die Finanzverwaltung hat den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) zur umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft von Aufsichtsräten geändert. Abweichend von der bisherigen Auffassung gilt die Tätigkeit als Aufsichtsrat nicht generell als unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Um künftige umsatz- und vorsteuerliche Risiken zu vermeiden, sollten Aufsichtsrats- und Beiratsvergütungen sowie deren Abrechnung zeitnah auf ihre umsatzsteuerliche Relevanz nach den neuen Regeln überprüft und ggf. angepasst werden.
Neuregelungen zur umsatzsteuerlichen Qualifikation der Aufsichtsratsvergütungen
Erhält das Mitglied eines Aufsichtsrats
- ausschließlich eine nicht-variable Festvergütung, ist es umsatzsteuerlich nicht unternehmerisch tätig (Abschn. 2.2 Abs. 3a Satz 1 UStAE n.F.). Die Vergütungen unterliegen dann nicht der Umsatzsteuer. Dennoch (und damit unzutreffend) ausgewiesene Umsatzsteuer berechtigt den Empfänger nicht zum Vorsteuerabzug.
- ausschließlich oder mindestens 10 % seiner gesamten Vergütung als variable Vergütung, ist es umsatzsteuerlich unternehmerisch tätig. Die Vergütungen unterliegen – unter den übrigen Voraussetzungen (kein Kleinunternehmer etc.) – der Umsatzsteuer. Der Empfänger ist grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, sofern dieser nicht aus anderen Gründen (Erbringung umsatzsteuerfreier Leistungen etc.) beschränkt ist.
Der UStAE differenziert hierzu wie folgt:
- Die Vergütung kann sowohl in Geldzahlungen als auch in Sachzuwendungen bestehen.
- Eine nicht-variable Festvergütung liegt insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird.
- Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen sind keine solchen Festvergütungen.
- Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10 % der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen. Ausnahmen hiervon sind in begründeten Fällen möglich. Nähere Voraussetzungen hierfür werden nicht genannt.
- Reisekostenerstattungen sind keine Vergütungsbestandteile und demzufolge bei der Ermittlung der 10 %-Grenze nicht zu berücksichtigen.
- Die Vergütungen sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat zu prüfen.
- Die nachträgliche Auszahlung für mehrere Jahre und ein Haftungsrisiko nach § 116 AktG begründen allein noch nicht ein Vergütungsrisiko und somit eine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft.
- Die Regelungen gelten auch für Mitglieder anderer Ausschüsse und Gremien, die nicht der Ausübung, sondern der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen. Bei Vergütungen an Beiräte einer Kapital- oder Personengesellschaft mit Zustimmungskompetenzen gelten die Regelungen nicht uneingeschränkt.
Praxishinweis zur zeitlichen Anwendung
Die Neuregelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird aber – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Regelungen in Abschn. 2.2. Abs. 2 Satz 7 und Abs. 3 Satz 1 UStAE a.F. auf Leistungen angewandt werden, die bis einschließlich 31.12.2021 ausgeführt werden. Sofern die Leistungen von Aufsichtsräten umsatzsteuerlich erst mit Abschluss der nächsten Hauptversammlung im Jahr 2022 als erbracht gelten, sollten auch bereits vor dem 31.12.2021 ausgestellte Rechnungen für den laufenden Zeitraum auf Anpassungsbedarf überprüft werden.
Einkommensteuerliche Beurteilung
Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Selbständigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern ist unabhängig von einer einkommensteuerlichen Beurteilung als selbständige Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu sehen.