BGH:
Corona-Soforthilfen wegen Zweckbindung nicht pfändbar
Entscheidung
In seinem Beschluss vom 10.03.2021 – VII ZB 24/20 äußert sich der BGH zur Unpfändbarkeit von Corona-Soforthilfen. Diese unterliegen einer Zweckbindung und damit einem besonderen Schutz; eine Pfändung ist ausgeschlossen. Bislang war unklar, inwieweit Gläubiger im Rahmen der Vollstreckung Zugriff auf die Soforthilfen haben.
Hintergrund
Die Klägerin erhielt im April 2020 aus dem Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ sowie dem ergänzenden Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ eine Zuwendung in Höhe von 9.000 Euro. Diese unterlag einer Zweckbindung und erfolgte als freiwillige Zahlung ohne Rechtsanspruch zur Abmilderung der finanziellen Notlage eines Unternehmens/Selbstständigen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie. Die Soforthilfe wurde auf dem Pfändungsschutzkonto (P‑Konto) der Klägerin gutgeschrieben. Die Klägerin konnte die Soforthilfe jedoch nicht in Anspruch nehmen, da ihr P‑Konto mit einer Pfändung belastet war und die Bank die Auszahlung ablehnte.
- Unpfändbare Forderung: Der BGH hielt die der Klägerin gewährte Corona-Soforthilfe mangels Übertragbarkeit für unpfändbar. Einer Übertragbarkeit stehe entgegen, dass eine Forderung nicht abgetreten werden kann, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts möglich ist. Die an die Klägerin bewilligte Corona-Soforthilfe stufte der Senat als zweckgebunden ein, da sie ausdrücklich nicht der Befriedigung von Gläubigeransprüchen dienen sollte, die vor dem 01.03.2020 entstanden sind.
- Erhöhung Pfändungsfreibetrag: Die Corona-Soforthilfe stelle zwar weder Arbeitseinkommen noch eine Sozialleistung nach dem SGB dar, sei aber als eine freiwillig gewährte öffentlich-rechtliche Subvention zu Gunsten von Kleingewerbetreibenden dem Pfändungsschutz zu unterwerfen. Der pfändungsfreie Betrag auf dem P‑Konto der Klägerin war daher um die 9.000 Euro zu erhöhen.
Praxishinweis
Die Argumentation des BGH zum Pfändungsschutz in Bezug auf öffentlich-rechtliche Subventionen (dazu gehören auch die Corona-Soforthilfen) überzeugt, da die Zivilprozessordnung diesbezüglich unvollständig und die Situation mit Fällen vergleichbar ist, in denen der Schuldner beispielsweise Sozialleistungen erhält, die den pfändungsfreien Betrag erhöhen. Mit Wirkung zum 01.12.2021 werden zudem die Vorschriften für die Führung eines P‑Kontos unter anderem um den Pfändungsschutz für staatliche Beihilfen (künftig § 902 ZPO) ergänzt.
Wird dem Schuldner die Corona-Beihilfe allerdings auf sein normales Girokonto ausgezahlt, kann er keinen Pfändungsschutz geltend machen, da die besonderen Vorschriften zum P‑Konto nicht entsprechend angewendet werden. Der Schuldner muss dann einen Vollstreckungsschutzantrag stellen, der aber an weitere Voraussetzungen (unter anderem an die Härte auf Grund besonderer Umstände) geknüpft ist und daher einen deutlich schwierigeren Weg als über das P‑Konto darstellt.