FG Münster:
Stichtagsprinzip bei der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigung für Grundstücke
Das FG Münster urteilte zu einer erbschaft- und schenkungsteuerlichen Frage bei Übertragung von Grundstücken mit im Bau befindlichen Gebäuden (FG Münster, Urteil vom 14.11.2024 – 3 K 906/23 und 3 K 908/23 F). Sollte der BFH die Urteile bestätigen, wird der Übertragungszeitpunkt bei solchen Grundstücken weitreichende Bedeutung für den Umfang der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigung haben.
Hintergrund
Für betriebliches Vermögen können erbschaftsteuerlich und schenkungsteuerlich weitreichende Vergünstigungen beansprucht werden. Grundsätzlich nicht begünstigt hingegen ist das sog. „Verwaltungsvermögen“, zu dem auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke bzw. Grundstücksteile gehören (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG). Dementsprechend ist bei jeder Nachfolgeplanung das zu übertragende Vermögen im Hinblick auf schädliches Verwaltungsvermögen zu überprüfen. Darüber hinaus kann schädliches Verwaltungsvermögen eine Betriebsvermögensbegünstigung insgesamt beeinträchtigen, wenn die gesetzlichen Unschädlichkeitsgrenzen überschritten sind. Existenz und Umfang von erbschaftsteuerlichem Verwaltungsvermögen kann daher für die erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung einer Vermögensübertragung insgesamt von erheblicher Bedeutung sein.
Entscheidung
Im Entscheidungsfall übertrug der Kläger unter anderem Gesellschaftsanteile an einer GmbH & Co. KG an seine Söhne. Gesellschaftszweck der GmbH & Co. KG war die Verwaltung, Nutzung, Vermietung und Verpachtung von eigenen Immobilien. Die GmbH & Co. KG hatte hierzu zwei unbebaute Grundstücke erworben, die mit Ferienimmobilien zur Vermietung bebaut werden sollten. Die Übertragung der Anteile an der GmbH & Co. KG erfolgte noch vor der möglichen Nutzung und Vermietung der Objekte. Aufgrund der beabsichtigten Vermietung an Dritte ordnete das Finanzamt die Grundstücke dem Verwaltungsvermögen zu. Dem widersprach das FG Münster. Befinden sich zum Bewertungsstichtag die Gebäude noch im Bau, stellen die Grundstücke auch dann kein Verwaltungsvermögen dar, wenn eine spätere Vermietung beabsichtigt ist. Nach dem Wortlaut der Regelung ist allein die tatsächliche Nutzungsüberlassung an Dritte im Zeitpunkt der Steuerentstehung – das heißt der Ausführung der Schenkung bzw. mit dem Tod des Erblassers (§ 9 ErbStG) – relevant. Die zukünftig beabsichtigte Vermietung war damit unerheblich.
Praxishinweis
Der Übertragungszeitpunkt ist bei Grundstücken mit im Bau befindlichen Gebäuden zur späteren Nutzungsüberlassung an Dritte für die Qualifikation der Grundstücke als Verwaltungsvermögen maßgeblich. Da Existenz und Umfang von Verwaltungsvermögen für eine erbschaft- und schenkungsteuerliche Betriebsvermögensvergünstigung weitreichende Folgen haben können, sollte das Urteil des FG Münster bei Übertragung von Grundvermögen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Übertragungszeitpunkts und einer (beabsichtigten) Nutzungsüberlassung an Dritte. Das FG Münster sieht die Wahl des Übertragungszeitpunkts ausdrücklich nicht als rechtsmissbräuchlich an; dies stehe vielmehr in der freien Entscheidung von Schenker und Beschenktem. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig – der BFH wird hierüber in den Revisionsverfahren Rev. II R 37/24 und II R 38/24 entscheiden.