OLG Hamm:
Notar muss nicht zu steu­er­güns­ti­ger Gestal­tung eines Grund­stücks­über­tra­gungs­ver­trags beraten

Das OLG Hamm (Urteil vom 29.05.2024 – 11 U 71/23) hat Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gegen einen beur­kun­den­den Notar wegen unter­blie­be­ner steu­er­güns­ti­ger Gestal­tung eines Grund­stücks­über­tra­gungs­ver­trags abge­lehnt. Eine Ver­pflich­tung zu steu­er­li­cher Bera­tung – vor­lie­gend zur Schen­kung­steu­er – ergab sich nach Ansicht des Gerichts weder aus der Erfor­schungs- und Beleh­rungs­pflicht (§ 17 Abs. 1 BeurkG) noch aus der all­ge­mei­nen Betreu­ungs­pflicht des Notars (§ 14 Abs. 1 BNo­tO). Dar­über hin­aus durf­te der Notar auf die Bera­tung der Betei­lig­ten durch ihren Steu­er­be­ra­ter vertrauen. 


Hin­ter­grund

Die Klä­ge­rin klag­te aus abge­tre­te­nem Recht einer Erbin gegen den beur­kun­den­den Notar. Der Notar hat­te einen Grund­stücks­über­tra­gungs­ver­trag beur­kun­det, durch den der Erb­las­ser der Erbin sei­ne Immo­bi­li­en unter Ein­räu­mung eines Nieß­brauchs- und Wohn­rechts zu sei­nen Guns­ten über­trug. In den Grund­stücks­über­tra­gungs­ver­trag wur­de kei­ne per­sön­li­che Haf­tung der Erbin für Dar­le­hen des Erb­las­sers – und zwar auch für den Fall des Ent­fal­lens des Nieß­brauchs – auf­ge­nom­men, die durch auf den Grund­stü­cken ein­ge­tra­ge­ne Grund­schul­den gesi­chert waren. Bei Auf­nah­me der per­sön­li­chen Haf­tung der Erbin in den Ver­trag hät­te sich die für die Immo­bi­li­en­über­tra­gung fest­zu­set­zen­de Schen­kungs­steu­er ver­rin­gert, da die per­sön­li­che Schuld der Erbin vom Immo­bi­li­en­wert in Abzug gebracht wor­den wäre. Nach Ansicht der Klä­ge­rin hät­te der Notar auf die Auf­nah­me der Haf­tung der Erbin hin­wir­ken müs­sen. Auf­grund des Unter­las­sens des Notars sei der Erbin ein Scha­den in Gestalt einer erhöh­ten Schen­kung­steu­er­be­las­tung entstanden. 


Ent­schei­dung

Das OLG Hamm lehn­te eine Pflicht­ver­let­zung des beur­kun­den­den Notars ab. Obwohl die Auf­nah­me einer ent­spre­chen­den Klau­sel steu­er­lich vor­teil­haft gewe­sen wäre, lag nach Ansicht des Gerichts kein Ver­stoß des Notars gegen sei­ne Pflicht zur Erfor­schung des Betei­lig­ten­wil­lens vor. Danach müs­se der Notar die Betei­lig­ten zwar grund­sätz­lich befra­gen, wenn Anhalts­punk­te dafür bestehen, dass bestimm­te Punk­te rege­lungs­be­dürf­tig sein könnten.

Vor­lie­gend sah das Gericht jedoch kei­ne sol­chen Anhalts­punk­te. Denn die gewähl­te Gestal­tung des Grund­stücks­über­tra­gungs­ver­trags gewähr­leis­te­te, dass allein der Erb­las­ser die Dar­le­hens­schul­den wei­ter­hin zurück­zahl­te. Der Erb­las­ser war hier­zu ange­sichts der ihm auf­grund des Nieß­brauch­rechts zuste­hen­den Mie­ten auch allein finan­zi­ell in der Lage. Es habe gera­de im Inter­es­se der Erbin gele­gen, so das Gericht, die Dar­le­hens­schul­den erst zu über­neh­men, sobald ihr selbst ent­spre­chen­de Mit­tel zuflie­ßen würden.

Ohne­hin tref­fe den Notar regel­mä­ßig kei­ne Beleh­rungs­pflicht zu steu­er­li­chen Fol­gen des beur­kun­de­ten Geschäfts. Er durf­te viel­mehr auf die ihm bekann­te Bera­tung der Betei­lig­ten durch deren Steu­er­be­ra­ter vertrauen.


Pra­xis­hin­weis

Das Urteil des OLG Hamm zeigt, wie wich­tig es ist, dass die Par­tei­en Grund­stücks­über­tra­gungs­ver­trä­ge vor deren nota­ri­el­ler Beur­kun­dung (!) durch einen Steu­er­be­ra­ter auf ihre steu­er­li­chen Fol­gen über­prü­fen las­sen. Ent­ste­hen infol­ge der Beur­kun­dung uner­war­te­te Steu­er­schul­den haf­tet der beur­kun­den­de Notar nur unter engen Vor­aus­set­zun­gen, näm­lich nur soweit ihm über­haupt eine Amts­pflicht­ver­let­zung nach­ge­wie­sen wer­den kann und er nicht auf die Bera­tung der Betei­lig­ten durch einen Steu­er­be­ra­ter ver­trau­en durf­te. Regel­mä­ßig schlie­ßen Nota­re ihre Haf­tung für steu­er­li­che Fra­gen ohne­hin aus und ver­mer­ken dies in der Notar­ur­kun­de – spä­tes­tens dann soll­ten die Betei­lig­ten hell­hö­rig wer­den und ihren Steu­er­be­ra­ter zu Rate ziehen.

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