BFH entgegen Finanzverwaltung:
Lohnsteueroptimierung mit (ehemals) privaten Mobiltelefonen jetzt möglich
Entscheidung
Mit drei am 16.02.2023 veröffentlichten Urteilen (u.a. VI R 50/20) hat der BFH ein Lohnsteueroptimierungsmodell zur Überlassung von privat genutzten Mobiltelefonen entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung anerkannt. Die Urteile zeigen, dass es sich lohnen kann, auch gegen feststehende Verwaltungsauffassungen vorzugehen.
Hintergrund
Seit dem Jahr 2000 sind die Vorteile der Arbeitnehmer aus der privaten Nutzung von betrieblichen Computern und Telekommunikationsgeräten steuerfrei (§ 3 Nr. 45 EStG). Der steuerfrei bleibende Vorteil beschränkt sich nicht nur auf die Nutzbarkeit der Geräte, sondern umfasst auch die damit im Zusammenhang erbrachten Leistungen, insbesondere Entgelte der Mobilfunkprovider. Historisch ist die Regelung aus der Förderung der Internetnutzung entstanden, auch ist damit eine erhebliche Vereinfachung der Besteuerung bei der erlaubten Privatnutzung betrieblicher Geräte wie Mobiltelefonen verbunden.
Voraussetzung ist, dass es betriebliche Geräte sind, der Arbeitgeber also (zumindest wirtschaftlicher) Eigentümer ist. Unerheblich ist, welchen Anteil die betriebliche und private Nutzung haben (R 3.45 LStR), auch eine ausschließlich private Nutzung ist damit begünstigt. Eine solche Vereinbarung kann auch im Wege der Entgeltumwandlung geschlossen werden. Eine Kostenbeteiligung des Arbeitgebers an einem Privatgerät führt jedoch regelmäßig zu steuerpflichtigem Arbeitslohn.
Ein vergleichsweise einfaches Modell hat die Finanzverwaltung in den Lohnsteuerrichtlinien selbst vorgestellt, aber als nicht steuerbegünstigt angesehen:
Beispiel 2 – H 3.45 LStR:
Der AG kauft vom AN ein Mobiltelefon zu einem nicht marktüblichen Preis von z. B. 1 Euro und stellt es anschließend dem AN zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Verbindungsentgelte des AN werden nach dem Kauf vom AG übernommen. Eine Steuerbefreiung der Verbindungsentgelte nach § 3 Nr. 45 EStG komme nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht in Betracht, da der Kaufvertrag einem Fremdvergleich nicht standhält und es sich somit bei der Zurverfügungstellung des Mobiltelefons nicht um ein betriebliches Telekommunikationsgerät des AG handelt.
Dieser Auffassung der Finanzverwaltung hat der BFH in den aktuellen Urteilen eine Absage erteilt. Die dortigen Sachverhalte entsprachen diesem Beispiel, der Arbeitgeber hatte die privaten Mobiltelefone der Arbeitnehmer für je 1 Euro gekauft und anschließend wieder unentgeltlich an diese Arbeitnehmer überlassen. Die Kosten für den Mobilfunkvertrag bezahlten zunächst die Arbeitnehmer direkt weiter, der Arbeitgeber erstattete diese gegen Nachweis lohnsteuerfrei.
Der BFH erkennt dieses Modell an, insbesondere läge kein Scheingeschäft vor. Die Gestaltung sei legitim, um den Lenkungszweck der Norm – begünstigte private Nutzung betrieblicher Geräte – zu erreichen.
Praxishinweis
Mit diesen Urteilen ist aktuell der Weg für dieses Modell eröffnet. Arbeitgeber können steuerfrei die Mobilfunkrechnung der Arbeitnehmer übernehmen und legal Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeträge einsparen (mehr Netto vom Brutto). Da bei § 3 Nr. 45 EStG – anders als bei vielen anderen steuerfreien Entgeltbestandteilen – kein Zusätzlichkeitserfordernis (§ 8 Abs. 4 EStG) besteht, kann dies auch im Wege der Entgeltumwandlung erfolgen. Dies kann attraktiv sein, da alle Arbeitnehmer einbezogen werden können.
Wenn dies umgesetzt werden soll, ist auf sorgfältige Dokumentation zu achten, insbesondere muss nachweisbar sein, dass es Geräte des Arbeitgebers werden, dieser die Geräte also gekauft hat und auch dessen Herausgabe – etwa im Falle einer Kündigung – verlangen kann. Die zu dem jeweiligen Mobilfunkvertrag des Arbeitnehmers gehörende SIM-Karte darf nur in dem dann vom Arbeitgeber überlassenen betrieblichen Gerät genutzt werden. Zu bedenken ist auch der dadurch entstehende Verwaltungsaufwand.
Abzuwarten bleibt, wie die Finanzverwaltung auf diese Urteile reagiert. Vorstellbar ist, dass diese gesetzliche Regelung abgeschafft oder verändert wird. Dies wäre begründbar, da der Regelungszweck – Förderung der Nutzung des Internets – sicherlich als überholt anzusehen ist. Allerdings würde eine Abschaffung eine Verkomplizierung in den Fällen bringen, in denen „echte“ Firmentelefone oder ‑computer auch privat genutzt werden dürfen.