Homeoffice-Pauschale für alle –
ein verunglücktes Gesetz mit ungeahnt vielen Anwendungsfällen
Gesetzliche Neuregelung
Mit dem JStG 2022 vom 16.12.2022 wurde in § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG die sogenannte Homeoffice-Pauschale (jetzt gesetzlich als „Tagespauschale“ bezeichnet) inhaltlich ausgeweitet, betragsmäßig erhöht und zeitlich entfristet. Bei einer überwiegenden Erwerbstätigkeit an einem Tag in der häuslichen Wohnung können pauschal 6 Euro als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn es keine erste (regelmäßige) Tätigkeitsstätte gibt oder diese nicht aufgesucht wird. Dieser Abzug ist insgesamt auf 1.260 Euro im Jahr beschränkt, dies entspricht 210 Tagen im Jahr.
Viele Anwendungsfälle über den „Homeoffice-Tag“ hinaus
Mit der Entfristung der Homeoffice-Pauschale trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass zunehmend zumindest tageweise zu Hause gearbeitet wird. Für den klassischen „Homeoffice-Tag“ bereitet die Regelung auch keine Probleme.
Abseits von diesem „Normalfall“ gibt es aber eine Reihe von Umständen, bei denen nach der gesetzlichen Regelung ebenfalls eine solche Pauschale geltend gemacht werden kann, zum Beispiel:
- bei (geringer) Arbeit am Wochenende; wenn außerhalb der regulären Arbeitszeit zu Hause gearbeitet wird (auch kurzzeitig), kann eine solche Pauschale geltend gemacht werden,
- wenn Nebentätigkeiten von zu Hause aus erledigt werden (Nebenjob, selbständige Nebentätigkeit, Vermietung) kann für jedes Tätigkeitwerden zu Hause i.d.R. die Pauschale angesetzt werden,
- selbst wenn im Urlaub oder Krankheitsfall (gering) zu Hause gearbeitet wird (zum Beispiel dienstliche E‑Mails gelesen werden), ist dies eine berufliche Tätigkeit, für die eine Pauschale angesetzt werden kann,
- bei geplanter beruflicher Veränderung können Vorbereitungs- und Bewerbungstätigkeiten zu Hause eine solche Pauschale eröffnen.
Selbst „Sondertätigkeiten“ (Krankmeldung beim Arbeitgeber, Reinigen Dienstwagen, Erstellen Reisekostenabrechnung) stellen berufliche Tätigkeiten dar, die – wenn sie „in der häuslichen Wohnung“ erledigt werden – begünstigt sind. Ob die „häusliche Wohnung“ nur Innenräume umfasst oder auch Balkone, Terrassen oder die Einfahrt mit dem geparkten (Dienst-)Wagen ist nicht eindeutig, letztlich aber auch kaum zu kontrollieren.
Praxishinweis
Der Gesetzgeber hat eine Regelung geschaffen, die eine Vielzahl von Anwendungsfällen über den „Homeoffice-Tag“ hinaus eröffnet. Aufgrund der Vielzahl der Anwendungsfälle ist davon auszugehen, dass (fast) alle Erwerbstätigen die Pauschale in ihren Einkommensteuererklärungen geltend machen können. Ausführlich mit vielen Beispielen ist dies in einem Aufsatz des Verfassers in DStR 2023, 601 dargestellt, den wir Ihnen bei Interesse gern zusenden.
Beachtlich ist, dass die Richtigkeit der Anwendung durch Dritte (der Finanzverwaltung) schon dem Grunde nach kaum überprüfbar sein wird. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzämter den Angaben in den Steuererklärungen folgen oder ähnlich wie bei Dienstwagen und häuslichen Arbeitszimmern eine Vielzahl von Einzelfragen gerichtlich geklärt werden müssen.