Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mi­en
in Han­dels- und Steuerbilanz

Hin­ter­grund

Durch das Gesetz zur tem­po­rä­ren Sen­kung des Umsatz­steu­er­sat­zes auf Gas­lie­fe­run­gen über das Erd­gas­netz vom 19.10.2022 (BGBl. I S. 1743) hat der Gesetz­ge­ber die Mög­lich­keit geschaf­fen, dass Arbeit­ge­ber ihren Arbeit­neh­mern bestimm­te Leis­tun­gen – sog. Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mi­en – steu­er- und sozi­al­ab­ga­ben­frei gewäh­ren kön­nen. So blei­ben nach § 3 Nr. 11c EStG steu­er­frei zusätz­lich zum ohne­hin geschul­de­ten Arbeits­lohn vom Arbeit­ge­ber in der Zeit vom 26. Okto­ber 2022 bis zum 31. Dezem­ber 2024 in Form von Zuschüs­sen oder Sach­be­zü­gen gewähr­te Leis­tun­gen zur Abmil­de­rung der gestie­ge­nen Ver­brau­cher­prei­se bis zu einem Betrag von 3.000 Euro“.

Zu bespre­chen ist der Zeit­punkt der Auf­wands­er­fas­sung bei teil­wei­se zeit­lich vor Aus­zah­lung erteil­ter Zusa­gen. Betriebs­ver­ein­ba­run­gen, tarif­ver­trag­li­che Rege­lun­gen oder Indi­vi­du­al­zu­sa­gen kön­nen die Gewäh­rung der Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mie an Vor­aus­set­zun­gen knüp­fen, wie Unter­neh­mens­zu­ge­hö­rig­keit oder bestimm­te Dienst­zei­ten für den gesam­ten Anspruch oder Tei­le davon, die für die wirt­schaft­li­che Ver­ur­sa­chung maß­geb­lich ist.

Der Fach­aus­schuss für Unter­neh­mens­be­richt­erstat­tung des IDW e.V. (FAB) hat sich in der Sit­zung am 01.12.2022 mit der bilan­zi­el­len Abbil­dung befasst. Gegen­stand der Erör­te­rung waren zwei Tarif­ver­trags­re­ge­lun­gen (Tarif­ver­trag IBGCE, Bun­des­ar­beit­ge­ber­ver­band Che­mie und Tarif­ver­trag IG Metall, Arbeit­ge­ber­ver­band Süd­west­me­tall). Bei­de Rege­lun­gen sahen zwei Aus­zah­lungs­zeit­punk­te (zum Bei­spiel Janu­ar 2023 oder März 2024) inner­halb des gesetz­lich vor­ge­ge­be­nen Zeit­rau­mes vor. Die Gewäh­rung der Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mie zu den jewei­li­gen Aus­zah­lungs­zeit­punk­ten war an das Bestehen des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses im Monat oder einem Zeit­raum vor Gewäh­rung der Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mie geknüpft. 


Han­dels­recht­li­che Bilan­zie­rung

Der FAB hat in den bei­den Bei­spiels­fäl­len wegen jeweils geson­der­ter Vor­aus­set­zun­gen für jede der bei­den Prä­mi­en­ge­wäh­run­gen eine geson­der­te Beur­tei­lung vor­ge­nom­men. Die wirt­schaft­li­che Ver­ur­sa­chung wird mit der Erfül­lung der Vor­aus­set­zung (Erfül­lung der Dienst­zeit) ange­nom­men. Bei dem Tarif­ver­trag der IBGCE war eine Beschäf­ti­gung an 16 Tagen im Monat vor der Prä­mi­en­ge­wäh­rung Vor­aus­set­zung. Im Tarif­ver­trag der IG Metall war eine sechs­mo­na­ti­ge Beschäf­ti­gung vor Prä­mi­en­ge­wäh­rung erfor­der­lich zur Erlan­gung des Anspru­ches. Nach Auf­fas­sung des FAB ist damit eine Rück­stel­lungs­bil­dung bzw. Auf­wands­er­fas­sung nach Erfül­lung der Dienst­zeit­an­for­de­rung (Tarif­ver­trag IBGCE – Monats­en­de nach Erfül­lung der 16 Diens­ta­ge) oder ratier­lich über die Dienst­zeit (Tarif­ver­trag der IG Metall – Ansamm­lung über sechs Monate).

Der FAB hat im Sit­zungs­pro­to­koll kei­ne Grund­sät­ze über die wirt­schaft­li­che Ver­ur­sa­chung oder die Not­wen­dig­keit einer bestehen­den Außen­ver­pflich­tung dar­ge­stellt. Nach unse­rer Ein­schät­zung kön­nen die Grund­sät­ze des § 249 HGB und die Kom­men­tie­rung für die Sozi­al­plan­ver­bind­lich­kei­ten her­an­ge­zo­gen wer­den (Schu­bert in Beck Bil-Komm. § 249 Tz 130 Sozi­al­plan“). Hier­nach wird für den Zeit­punkt der Ver­ur­sa­chung bzw. der not­wen­di­gen Außen­ver­pflich­tung auf den Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses bzw. der Unter­rich­tung des Betriebs­ra­tes bzw. Beleg­schaft abge­stellt. Aus­rei­chend für eine Rück­stel­lungs­bil­dung ist danach auch, wenn ein ent­spre­chen­der Beschluss der Geschäfts­füh­rung vor dem Bilanz­stich­tag gefasst wur­de und der Betriebs­rat oder die Beleg­schaft zwi­schen dem Bilanz­stich­tag und der Auf­stel­lung oder spä­tes­tens der Fest­stel­lung des Jah­res­ab­schlus­ses infor­miert wurde.

Zu dis­ku­tie­ren ist, wann eine Auf­wands­er­fas­sung erfol­gen muss, wenn der Beschluss an kei­ne Vor­aus­set­zun­gen geknüpft ist. Nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen ist das zusa­gen­de Unter­neh­men eine für die Rück­stel­lungs­bil­dung erfor­der­li­che Außen­ver­pflich­tung im Zeit­punkt der Zusa­ge bzw. der Beschluss­fas­sung, man­gels wei­te­rer Vor­aus­set­zun­gen für die Ent­ste­hung einer Ver­pflich­tung, eingegangen.

Wer­den bei der spä­te­ren Aus­zah­lung zum Bei­spiel aus­schei­den­de Mit­ar­bei­ter von zuge­sag­ten Prä­mi­en­zah­lun­gen aus­ge­schlos­sen oder wer­den Prä­mi­en­zah­lun­gen an nach dem Bilanz­stich­tag neu­ein­tre­ten­de Mit­ar­bei­ter gezahlt, so kann hier­aus die fort­ge­setz­te Tätig­keit als wei­te­re – unge­re­gel­te – Vor­aus­set­zung für die Prä­mi­en­be­rech­ti­gung gese­hen wer­den mit der Fol­ge, dass dann eine Rück­stel­lungs­bil­dung aus­schei­det oder über den Zeit­raum zwi­schen Zusa­ge und Aus­zah­lung anzu­sam­meln ist.

Für die Bewer­tung der Rück­stel­lung ist grund­sätz­lich eine mög­li­che Fluk­tua­ti­on der Beleg­schaft zu berücksichtigen.

Zum Aus­weis der Ver­pflich­tung ver­tritt der FAB für den Fall einer unmit­tel­bar bevor­ste­hen­den Ein­mal­zah­lung die Auf­fas­sung, dass wegen der gege­be­nen Kon­kre­ti­sie­rung eine sons­ti­ge Ver­bind­lich­keit vor­liegt. Ist die Aus­zah­lung statt­des­sen zu einem spä­te­ren Zeit­punkt oder über einen län­ge­ren Zeit­raum vor­ge­se­hen, sei eine sons­ti­ge Rück­stel­lung zu erfas­sen und ins­be­son­de­re auch eine mög­li­che Fluk­tua­ti­on in der Bewer­tung zu berücksichtigen. 


Bilan­zie­rung in der Steuerbilanz

Unter Ein­be­zug der Bilan­zie­rungs­vor­aus­set­zun­gen für Sozi­al­plan­ver­bind­lich­kei­ten ergibt sich kei­ne abwei­chen­de steu­er­li­che Betrach­tung, da die­se weit­ge­hend durch EStR 5.7 Abs. 9 kon­kre­ti­siert sind. Durch die Maß­geb­lich­keit sind die nach den han­dels­recht­li­chen Grund­sät­zen anzu­set­zen­den Rück­stel­lun­gen in der Steu­er­bi­lanz zu bil­den. Für Rück­stel­lun­gen für unge­wis­se Ver­bind­lich­kei­ten setzt EStR 5.7 Abs. 2 das Vor­lie­gen einer Ver­pflich­tung gegen­über einem ande­ren und die wirt­schaft­li­che Ver­ur­sa­chung vor dem Bilanz­stich­tag vor­aus. Die Zusa­ge an die Arbeit­neh­mer oder den Betriebs­rat bzw. der Geschäfts­füh­rungs­ent­schluss mit nach­fol­gen­der Infor­ma­ti­on an Arbeit­neh­mer oder Betriebs­rat führt zu einer Außenverpflichtung.

Die Grund­sät­ze über die Rück­stel­lung für Sozi­al­plan­kos­ten ver­nei­nen eine Rück­stel­lungs­er­fas­sung für sol­che Maß­nah­men, die in Zusam­men­hang mit künf­ti­gen Leis­tun­gen der Arbeit­neh­mer ste­hen (zum Bei­spiel Aus­gleichs­zah­lun­gen für Umzugs­kos­ten oder Fahrt­kos­ten­er­stat­tung für eine zukünf­ti­ge Ver­le­gung des Arbeits­or­tes). Da § 3 Nr. 11c EStG für die Steu­er­frei­heit der Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mie die Zusa­ge zum ohne­hin geschul­de­ten Lohn erfor­dert und über­dies Prä­mi­en­cha­rak­ter hat, dürf­te regel­mä­ßig eine Abgel­tung zukünf­ti­ger Leis­tun­gen des Arbeit­neh­mers nur dann vor­lie­gen, wenn zukünf­ti­ge Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen (Dienst­zei­ten nach Bilanz­stich­tag aber vor Prä­mi­en­ge­wäh­rung) ver­ein­bart sind.

Aktu­ell lie­gen noch kei­ne Vor­ga­ben der Finanz­ver­wal­tung oder Recht­spre­chung vor, sodass ins­be­son­de­re bei unbe­ding­ten Zusa­gen eine Unsi­cher­heit über die steu­er­li­che Aner­ken­nung verbleibt. 


Pra­xis­hin­weis

Ein­zel­ne bei der Gewäh­rung von Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mi­en vor­ge­se­he­ne Anspruchs­vor­aus­set­zun­gen haben Ein­fluss auf den Zeit­punkt der Auf­wands­er­fas­sung. Wird die Anspruchs­be­rech­ti­gung an Dienst­zei­ten im neu­en Geschäfts­jahr geknüpft, wird auch die wirt­schaft­li­che Ver­ur­sa­chung ver­scho­ben. Ins­be­son­de­re bei unbe­ding­ten Zusa­gen besteht eine Rechts­un­si­cher­heit der steu­er­li­chen Anerkennung.

Ansprechpartner


Gunnar Köhn

Geschäftsführer

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Telefon: +49 40 4223 6660-24

Philipp Weinhold

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Telefon: +49 341 217 859-64

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