BGH:
Leih­ar­beit­neh­mer müs­sen auch für Schwel­len­wer­te in der Unternehmens­mitbestimmung berück­sich­tigt werden

28.08.2019


Ent­schei­dung

Leih­ar­beit­neh­mer sind bei der Bestim­mung des Schwel­len­wer­tes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Mit­bestG mit­zu­zäh­len, wenn das Unter­neh­men wäh­rend eines Jah­res über die Dau­er von sechs Mona­ten hin­aus Arbeits­plät­ze regel­mä­ßig mit Leih­ar­beit­neh­mern besetzt (BGH, Beschluss vom 25.06.2019 – II ZB 21/18).


Hin­ter­grund

Die Arbeit­ge­be­rin, eine GmbH, beschäf­tigt zum über­wie­gen­den Teil ange­stell­te Arbeit­neh­mer sowie dane­ben im Umfang von etwa einem Drit­tel der Beleg­schaft Leih­ar­beit­neh­mer, deren kon­kre­te Anzahl je nach Auf­trags­la­ge schwankt. Die Anzahl der fest­an­ge­stell­ten Arbeit­neh­mer und der Leih­ar­beit­neh­mer mit einer tat­säch­li­chen oder pro­gnos­ti­zier­ten Beschäf­ti­gungs­dau­er von mehr als sechs Mona­ten betrug an Stich­ta­gen im Febru­ar und Mai 2017 sowie in dem Refe­renz­zeit­raum Janu­ar 2017 bis März 2018 im Durch­schnitt ins­ge­samt nie mehr als 2.000 Beschäf­tig­te, wohin­ge­gen die Zahl der fest ange­stell­ten Arbeit­neh­mer und sämt­li­cher Leih­ar­beit­neh­mer, d.h. auch sol­cher mit einer Beschäf­ti­gungs­dau­er von weni­ger als sechs Mona­ten, an bei­den Stich­ta­gen und im ange­ge­be­nen Zeit­raum im Durch­schnitt jeweils über 2.000 Beschäf­tig­ten lag. In Fra­ge stand die Eröff­nung der pari­tä­ti­schen Mit­be­stim­mung nach § 1 Abs. 1 MitbestG.

Nach der seit 2017 gel­ten­den Fas­sung des § 14 Abs. 2 AÜG sind Leih­ar­beit­neh­mer bei der Ermitt­lung von Schwel­len­wer­ten auch in Geset­zen zur unter­neh­me­ri­schen Mit­be­stim­mung mit­zu­zäh­len, wenn die Ein­satz­dau­er sechs Mona­te über­steigt. Die­se Ein­satz­dau­er ist nach Auf­fas­sung des BGH nicht arbeitnehmer‑, son­dern arbeits­platz­be­zo­gen zu bestim­men. Abzu­stel­len ist nach Auf­fas­sung des BGH daher nicht auf die Dau­er des Ein­sat­zes der ein­zel­nen kon­kre­ten Leih­ar­beit­neh­mer, son­dern dar­auf, wie vie­le Arbeits­plät­ze in einem Unter­neh­men regel­mä­ßig über die Dau­er von sechs Mona­ten hin­aus mit – ggf. auch wech­seln­den – Leih­ar­beit­neh­mern besetzt sind. Im zugrun­de lie­gen­den Fall kam es also nicht dar­auf an, ob zu den Stich­ta­gen oder im Refe­renz­zeit­raum eine bestimm­te Anzahl an Leih­ar­beit­neh­mern über sechs Mona­te lang ein­ge­setzt waren, son­dern ob die besetz­ten Arbeits­plät­ze als regel­mä­ßig zu beset­zen­de Arbeits­plät­ze geplant waren und auch tat­säch­lich über sechs Mona­te hin­aus mit Leih­ar­beits­kräf­ten besetzt waren. 


Pra­xis­hin­weis

Für das Über­schrei­ten des Schwel­len­wer­tes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Mit­bestG ist also zunächst allein die Stel­len­pla­nung maß­geb­lich. Das für die Aus­ge­stal­tung des Mit­be­stim­mungs­rechts rele­van­te Kri­te­ri­um ist die stän­di­ge Grö­ße des Unter­neh­mens. Wenn wäh­rend eines Jah­res ein dau­er­haf­ter (über sechs Mona­te hin­aus­ge­hen­der) Bedarf an einem Arbeits­platz besteht, kann es grund­sätz­lich kei­ne Rol­le spie­len, ob der Dau­er­be­darf mit einem Stamm­mit­ar­bei­ter oder einem Leih­ar­beit­neh­mer gedeckt wird. Führt die anhand der vor­lie­gen­den BGH-Ent­schei­dung vor­zu­neh­men­den Neu­be­wer­tung von Leih­ar­beits­plät­zen zu einer für die Zusam­men­set­zung des Auf­sichts­ra­tes nach § 7 Mit­bestG ver­än­der­ten maß­geb­li­chen Arbeit­neh­mer­zahl, so ist das Ver­fah­ren zur Neu­be­set­zung des Auf­sichts­rats nach §§ 97 AktG einzuleiten.

Ansprechpartner


Alexander Hausner, LL. M.

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
zert. Datenschutzbeauftragter

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Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

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