EuGH:
Kei­ne Umsatz­steu­er­pflicht von Aufsichtsratsvergütungen

05.09.2019


Ent­schei­dung

Der EuGH vom 13.06.2019 – C420/18 IO“ ver­nein­te die Umsatz­steu­er­pflicht von Ver­gü­tun­gen an Mit­glie­der des Auf­sichts­rats einer nie­der­län­di­schen Stif­tung auf­grund der feh­len­den Selb­stän­dig­keit bei der Aus­übung ihrer Tätig­keit. Auch wenn kein schäd­li­ches Unter­ord­nungs­ver­hält­nis gegen­über dem Vor­stand der Stif­tung vor­lie­ge, han­de­le das Auf­sichts­rats­mit­glied nach Auf­fas­sung des EuGHs aber weder in eige­nem Namen noch für eige­ne Rech­nung oder in eige­ner Ver­ant­wor­tung. Es trägt näm­lich kei­ne indi­vi­du­el­le Ver­ant­wor­tung (ein­schließ­lich Haf­tung für Schä­den) oder wirt­schaft­li­che Risi­ken, noch hat es nen­nens­wer­ten Ein­fluss auf sei­ne Ein­nah­men oder Aus­ga­ben, da eine Fest­ver­gü­tung ver­ein­bart war. 

Die Ent­schei­dung kol­li­diert mit dem gegen­wär­ti­gen Ver­ständ­nis von Recht­spre­chung und Finanz­ver­wal­tung in Deutschland.


Hin­ter­grund

Umsatz­steu­er­li­cher Unter­neh­mer ist, wer eine gewerb­li­che oder beruf­li­che Tätig­keit selbst­stän­dig aus­übt (§ 2 Abs. 1 UStG). Die deut­sche Finanz­ver­wal­tung geht mit Ver­weis auf die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung bis­lang von der Selbst­stän­dig­keit einer Tätig­keit als Auf­sichts­rat aus – ana­log zur ertrag­steu­er­li­chen gesetz­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on von Auf­sichts­rats­ver­gü­tun­gen als selbst­stän­di­ge Ein­künf­te (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 UStG; vgl. auch A 2.2 Abs. 1 Satz 8, Abs. 2 Satz 7 UStAE). Auf­sichts­rats­ver­gü­tun­gen sind daher im Regel­fall mit Umsatz­steu­er in Rech­nung zu stel­len, der Rech­nungs­emp­fän­ger ist grund­sätz­lich zum Vor­steu­er­ab­zug berechtigt.


Pra­xis­hin­weis

Die Rechts­fra­ge der umsatz­steu­er­li­chen Unter­neh­mer­ei­gen­schaft einer Auf­sichts­rats­tä­tig­keit ist auch beim BFH anhän­gig. Das Ver­fah­ren V R 23/19 wur­de nach der Ent­schei­dung des EuGHs wie­der auf­ge­nom­men. Der BFH wird die Grund­zü­ge der EuGH-Ent­schei­dung berück­sich­ti­gen müs­sen, wenn er zu dem Ergeb­nis kommt, dass die Über­trag­bar­keit auf Mit­glie­der eines Auf­sichts­rats nach deut­schen akti­en­recht­li­chen Vor­ga­ben (§§ 95 ff AktG) oder eines GmbH-Auf­sichts­gre­mi­ums mög­lich sei. Die Ent­schei­dung wird dabei vor allem dann Bedeu­tung haben, wenn das Unter­neh­men nicht oder nicht voll­stän­dig zum Vor­steu­er­ab­zug berech­tigt ist. Der Steu­er­pflich­ti­ge wird sich künf­tig in ver­gleich­ba­ren Fäl­len für eine Nicht­be­steue­rung wohl auch unmit­tel­bar auf Uni­ons­recht beru­fen kön­nen. Soll­ten BFH und deut­sche Finanz­ver­wal­tung dem EuGH fol­gen, besteht für den Rech­nungs­aus­stel­ler die Gefahr einer Steu­er­schuld oder Haf­tung auf­grund unrich­ti­gen oder unbe­rech­tig­ten Steu­er­aus­wei­ses (§ 14c UStG). Inso­fern soll­te für die Umsatz­steu­er – sowie einem dar­aus kor­re­spon­die­ren­den Recht auf Vor­steu­er­ab­zug des Rech­nungs­emp­fän­gers und des Rech­nungs­aus­stel­lers aus Ein­gangs­leis­tun­gen – für die Ver­gan­gen­heit Ver­trau­ens­schutz bestehen. Zumin­dest für die Zukunft wären ggf. Über­gangs­fris­ten zu beach­ten und die indi­vi­du­el­len Ver­ein­ba­run­gen sowie deren Abrech­nung und die Vor­steu­er­ab­zugs­vor­aus­set­zun­gen kri­tisch zu überprüfen.

Ansprechpartner


Stephanie von Trotha

Geschäftsführerin
Steuerberaterin

Telefon: +49 40 4223 6660-30

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