FG Sach­sen-Anhalt:
Feh­ler des Finanz­amts
in der Betriebs­prü­fung

als Steu­er­spar­mo­dell?

16.09.2019


Ent­schei­dung

Das Finanz­ge­richt Sach­sen-Anhalt (Urteil vom 27.02.2019, 3 K 972/14, rkr.) ent­schied, dass die Grund­sät­ze des for­mel­len Bilanz­zu­sam­men­hangs nur zwi­schen Bilan­zen, die der Steu­er­pflich­ti­ge selbst auf­ge­stellt hat und die der Ver­an­la­gung des Vor­jah­res zugrun­de lagen, gel­ten. An fal­sche Bilanz­an­sät­ze, die das Finanz­amt der Ver­an­la­gung zugrun­de legt, sind Steu­er­pflich­ti­ge nicht gebunden. 

Im Urteils­fall hat­te das beklag­te Finanz­amt in einer Betriebs­prü­fung (BP) Umsatz­steu­er nach­ge­for­dert und die­se als Betriebs­aus­ga­ben ertrags­steu­er­min­dernd berück­sich­tigt. Dazu hat­te das Finanz­amt in der sog. Prü­fer­bi­lanz im Bericht über die BP eine ent­spre­chen­de Rück­stel­lung gebil­det und die Ertrag­steu­ern ent­spre­chend berech­net und ver­an­lagt. Nur die Ertrag­steu­er­be­schei­de wur­den bestands­kräf­tig, gegen die Umsatz­steu­er­nach­for­de­rung hat­te sich das Unter­neh­men erfolg­reich zur Wehr gesetzt und die Kla­ge gewon­nen. Daher woll­te das Finanz­amt in Fol­ge­jah­ren die selbst gebil­de­te Rück­stel­lung für die nicht erfolg­te Umsatz­steu­er­nach­zah­lung gewin­n­er­hö­hend auflösen. 

Die hier­ge­gen erho­be­ne Kla­ge hat­te Erfolg. Da das Unter­neh­men selbst die Rück­stel­lung nie gebil­det hat­te und die­se auch aus recht­li­chen Grün­den nicht zu bil­den war, sei eine sol­che Rück­stel­lung nicht exis­tent und kön­ne daher nicht ertrags­wirk­sam auf­ge­löst wer­den. Dass das Finanz­amt selbst für die Bemes­sung der Ertrag­steu­ern ande­res ange­nom­men habe sei unbe­acht­lich. Im Ergeb­nis wur­de die Umsatz­steu­er­nach­for­de­rung, die das Unter­neh­men erfolg­reich abwehr­te, trotz­dem allein aus ver­fah­rens­recht­li­chen Grün­den ein­mal gewinn­min­dernd abge­zo­gen. Statt der vom Finanz­amt beab­sich­tig­ten (Umsatz-)Steuernachzahlung gab es am Ende eine (Ertrags-)Steuererstattung für das Unternehmen. 


Hin­ter­grund

Grund­sätz­lich gilt der for­mel­le Bilanz­zu­sam­men­hang – der Gewinn eines Jah­res ist basie­rend auf dem Betriebs­ver­mö­gen lt. Steu­er­bi­lanz des ver­gan­ge­nen Jah­res zu ermit­teln. Damit wer­den etwa­ige bilan­zi­el­le Feh­ler, die im Jahr des Feh­lers aus ver­fah­rens­recht­li­chen Grün­den nicht mehr geän­dert wer­den kön­nen, im ers­ten noch änder­ba­ren Jahr berich­tigt. Damit wird der Rich­tig­keit in der Total­pe­ri­ode der Vor­rang gegen­über der Rich­tig­keit im ein­zel­nen Jahr ein­ge­räumt. Hät­te das Unter­neh­men selbst eine (fal­sche) Rück­stel­lung gewinn­min­dernd in einem Jahr ein­ge­stellt, wäre die­se (eigent­lich nie zu bil­den­de) Rück­stel­lung in einem Fol­ge­jahr gewin­n­er­hö­hend aufzulösen. 

Von die­sem Grund­satz macht das FG im Urteils­fall eine wich­ti­ge Abgren­zung: der for­mel­le Bilanz­zu­sam­men­hang gilt nur, wenn der Steu­er­pflich­ti­ge selbst die (fal­sche) Bilanz auf­ge­stellt oder sich eine Ände­rung des Finanz­amts zu Eigen gemacht hat. Eine blo­ße Ände­rung durch das Finanz­amt im Rah­men der sog. Prü­fer­bi­lanz und Ver­an­la­gung ist gera­de kei­ne Bilanz, die den Steu­er­pflich­ti­gen in Fol­ge­jah­ren bin­det. Dies ist im Grund­satz nicht neu (so schon FG Mün­chen vom 04.02.2004, 7 K 5105/02), das Urteil ver­deut­lich aber die hohe Praxisrelevanz.


Pra­xis­hin­weis

Typi­scher­wei­se bei BP-Fest­stel­lun­gen zur Nach­for­de­rung von Umsatz­steu­er wird durch die BP gleich­zei­tig eine gewinn- und steu­er­min­dern­de Rück­stel­lung für die­se Nach­zah­lung (inkl. Zin­sen) gebil­det. Für Lohn- und Strom-/Ener­gie­steu­er bzw. ande­re Ver­brauchs­steu­ern gilt dies ana­log. Wenn das Unter­neh­men die­se Nach­for­de­rung als unbe­rech­tigt ansieht und sich hier­ge­gen erfolg­reich wehrt, besteht auf Basis die­ser Recht­spre­chung die Chan­ce, die­se ver­meint­li­che Steu­er­be­las­tung in einen Steu­er­vor­teil zu ver­wan­deln. Vor­aus­set­zung dafür ist, dass die Ertrag­steu­er­be­schei­de (mit der Steu­er­min­de­rung) bestands­kräf­tig wer­den und sich das Unter­neh­men die (fal­sche) Auf­fas­sung nicht zu eigen macht. 

Auf­fäl­lig ist, dass das Finanz­amt die vom FG zuge­las­se­ne Revi­si­on nicht ein­ge­legt hat – das deu­tet dar­auf hin, dass die Finanz­ver­wal­tung bemüht ist, die­se Fol­gen mög­lichst nicht bekannt wer­den zu lassen.

Ansprechpartner


Dr. Heiko Haupt

Geschäftsführer
Steuerberater

Telefon: +49 341 217 859-71

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