BGH:
Kein Beginn der Ver­jäh­rungs­frist von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen gegen Steu­er­be­ra­ter mit Zugang belas­ten­der Steuerbescheide

15.01.2019


Ent­schei­dung

Der BGH hat ent­schie­den, dass der Zugang belas­ten­der Steu­er­be­schei­de, die auf einer Falsch­be­ra­tung des Steu­er­be­ra­ters beru­hen, die Ver­jäh­rungs­frist von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen des Man­dan­ten gegen den Steu­er­be­ra­ter nicht in Lauf setzt. Dies gilt jeden­falls dann, wenn der Steu­er­be­ra­ter die Beschei­de für unrich­tig hält und dem Man­da­ten recht­li­che Schrit­te hier­ge­gen emp­fiehlt. Aller­dings – so das Gericht wei­ter – besteht eine den Frist­lauf aus­lö­sen­de Kennt­nis bzw. fahr­läs­si­ge Unkennt­nis des Man­dan­ten über die Umstän­de der Haf­tung des Steu­er­be­ra­ters, wenn ein Rechts­an­walt, den der Man­dant mit der Durch­set­zung von Haf­tungs­an­sprü­chen gegen den Steu­er­be­ra­ter beauf­tragt hat, ent­spre­chen­de Kennt­nis bzw. fahr­läs­sig Unkennt­nis hat (BGH, Urteil vom 25.10.2018 – IX ZR 168/17).


Hin­ter­grund

Scha­dens­er­satz­an­sprü­che eines Man­dan­ten gegen sei­nen Steu­er­be­ra­ter wegen feh­ler­haf­ter Bera­tung ver­jäh­ren regel­mä­ßig nach Ablauf von drei Jah­ren (§ 195 BGB). Der Frist­lauf beginnt grund­sätz­lich mit dem Schluss des Jah­res, in dem der Anspruch ent­stan­den ist und der Man­dant von den Umstän­den, die den Anspruch begrün­den, Kennt­nis erlangt oder ohne gro­be Fahr­läs­sig­keit erlan­gen müss­te (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). 

Der BGH hat nun wie folgt prä­zi­siert. Wird ein Man­dant durch sei­nen Steu­er­be­ra­ter feh­ler­haft bera­ten und ergeht des­halb ein belas­ten­der Steu­er­be­scheid, hat der Man­dant nicht bereits zu die­sem Zeit­punkt Kennt­nis oder grob fahr­läs­si­ge Unkennt­nis von dem Feh­ler sei­nes Bera­ters, sofern die­ser den Bescheid als unrich­tig bezeich­net und recht­li­che Schrit­te hier­ge­gen emp­fiehlt. Der Man­dant darf sich dar­auf ver­las­sen, dass der erteil­te Rechts­rat sei­nes Bera­ters zutref­fend ist. Er muss die­sen Rat selbst dann nicht durch einen wei­te­ren Bera­ter prü­fen las­sen, wenn das Gericht oder ein Geg­ner des Man­dan­ten im Pro­zess eine ande­re Rechts­an­sicht vertreten.

Zieht der Man­dant aller­dings einen wei­te­ren Bera­ter hin­zu, der die von dem Steu­er­be­ra­ter betreu­te Sache fort­füh­ren oder über­prü­fen soll, muss sich der Man­dant die bei der Auf­ar­bei­tung des Fal­les erwor­be­nen Kennt­nis­se die­ses wei­te­ren Bera­ters als eige­ne zurech­nen las­sen. Dies gilt ins­be­son­de­re dann, wenn der wei­te­re Bera­ter gera­de mit der Ver­fol­gung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen gegen den Steu­er­be­ra­ter beauf­tragt ist.


Pra­xis­hin­weis

Der Ein­tritt der Ver­jäh­rung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen ist für den Geschä­dig­ten ärger­lich, kann der Schä­di­ger – obwohl er Unrecht ver­ur­sacht hat – Scha­dens­er­satz verweigern.

Beson­de­res Augen­merk ist also auf die Ver­jäh­rung von Ansprü­chen zu legen. Dabei kann sich für einen geschä­dig­ten Man­dan­ten auch bei Ablauf von mehr als drei Jah­ren nach dem scha­dens­stif­ten­den Ereig­nis – hier der Bera­tung des Steu­er­be­ra­ters – ein Auf­rol­len des alten Fal­les loh­nen, kommt es für den Beginn des Frist­laufs eben auch auf die Kennt­nis des Man­dan­ten bzw. sei­ner zwi­schen­zeit­lich hin­zu­ge­zo­ge­nen Bera­ter an. Gera­de bei tat­säch­lich und recht­lich kom­ple­xen Fäl­len kön­nen Bera­tungs­feh­ler durch­aus erst nach Mona­ten oder Jah­ren zu Tage tre­ten. Die Sache dann nicht auf sich beru­hen zu las­sen, kann sich auch des­halb loh­nen, weil der Schä­di­ger – wie der BGH auch in die­ser Ent­schei­dung betont – die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­jäh­rung, also auch die Kennt­nis des Man­dan­ten dar­le­gen und bewei­sen muss. Aller­dings ist auch für den Geschä­dig­ten Obacht gebo­ten: es bestehen Höchst­fris­ten, z. B. von zehn Jah­ren bei Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen wegen Ver­mö­gens­schä­den, die – unab­hän­gig von einer Kennt­nis des Man­dan­ten – mit Scha­dens­ein­tritt zu lau­fen begin­nen (§ 199 Abs. 3 BGB). In Fäl­len wie hier mar­kiert regel­mä­ßig bereits der Zugang des Steu­er­be­schei­des den Ein­tritt des Schadens.

Ansprechpartner


Frederik Seifert

Geschäftsführer
Rechtsanwalt
Steuerberater

Telefon: +49 40 4223 6660-41

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