BGH:
Haftung des GbR-Gesellschafters für Fehlbeträge zwecks Ausgleichs gegenüber Mitgesellschaftern
Entscheidung
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – und nicht nur eine Publikumsgesellschaft – kann ohne besondere gesellschaftsvertragliche Regelung Nachschüsse von ihren Gesellschaftern einfordern, selbst wenn dies lediglich dem Ausgleich unter den Gesellschaftern dient (BGH, Urteil vom 27.10.2020 – II ZR 150/19).
Hintergrund
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bestand aus drei Gesellschaftern: A, B und einer nicht am Kapital der GbR beteiligten GmbH. Der Geschäftszweck der GbR bestand in der Errichtung und Bewirtschaftung eines Wohn- und Geschäftshauses. Nach Verkauf der Immobilie wurde die Gesellschaft liquidiert. Die Kapitalkonten der Gesellschafter bei der GbR ergaben eine Auseinandersetzungsforderung des A gegen die GbR und eine (der Höhe nach) entsprechende Verbindlichkeit des B gegenüber der GbR.
Damit A ausbezahlt werden konnte, drängte er darauf, dass B seine Schulden bei der Gesellschaft beglich. A berief sich auf § 735 S. 1 BGB, wonach die Gesellschafter für Fehlbeträge der Gesellschaft anteilig ihrer Verlustbeteiligung aufzukommen hätten. Der BGH entschied, die GbR sei auch ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Ermächtigung befugt, durch ihre Liquidatoren rückständige Einlagen oder Nachschüsse (§ 735 BGB) zwecks internen Gesellschafterausgleichs einzufordern. Dies gelte ausdrücklich auch für kleine Gesellschaften, also nicht nur – wie bereits anerkannt war – für so genannte Publikumsgesellschaften mit großem Gesellschafterkreis.
Bei überschaubaren Verhältnissen, insbesondere in einer Zweipersonengesellschaft, könne der berechtigte Gesellschafter seinen Anspruch allerdings auch selbst und unmittelbar gegenüber dem verpflichteten Mitgesellschafter auf Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung geltend machen. Zahlt der Verpflichtete, soll dessen Verbindlichkeit bzw. die Forderung des berechtigten Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft entfallen.
Praxishinweis
In der rechtswissenschaftlichen Literatur ist streitig, ob eine „normale“ GbR, die eben keine Publikumsgesellschaft ist, ohne besondere gesellschaftsvertragliche Regelung auch solche Nachschüsse von ihren Gesellschaftern einfordern kann, die lediglich dem Ausgleich unter den Gesellschaftern im Zuge der Liquidation dienen.
Dass sich der BGH der vordringlichen, dies bejahenden Auffassung angeschlossen hat, dürfte auch bald Gesetz werden: So will es jedenfalls der nunmehr seit dem 20.01.2021 als Entwurf der Bundesregierung vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG). Laut § 737 BGB‑E müssen Gesellschafter ausdrücklich „der Gesellschaft“ gegenüber für Fehlbeträge aufkommen.
Unabhängig davon ist aber auch klar, dass der ausgleichsberechtigte Gesellschafter in einfach gelagerten Fällen sein Recht weiterhin „in die eigenen Hände“ nehmen, und seinen verpflichteten Kompagnon anhand einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar in Anspruch nehmen kann.