BGH:
Erklä­rung des Geschäfts­füh­rers auf dem Brief­pa­pier der Gesell­schaft wird grund­sätz­lich im Namen der Gesell­schaft abgegeben

Der BGH (Urteil vom 18.03.2025 – II ZR 77/24) hat zur strei­ti­gen Aus­le­gung einer Erklä­rung eines GmbH-Geschäfts­füh­rers auf dem Geschäfts­pa­pier der Gesell­schaft ent­schie­den. Bei der Aus­le­gung einer sol­chen Erklä­rung sind nach dem Gericht die aner­kann­ten Aus­le­gungs­re­geln ein­zu­hal­ten. Wenn ein GmbH-Geschäfts­füh­rer auf dem Brief­pa­pier der Gesell­schaft eine Erklä­rung abgibt, wird die­se nach ihrem objek­ti­ven Erklä­rungs­wert grund­sätz­lich im Namen der Gesell­schaft abge­ge­ben, auch wenn der Geschäfts­füh­rer nicht aus­drück­lich in Ver­tre­tung“ oder als Geschäfts­füh­rer“ unterzeichnet.


Hin­ter­grund

Der Klä­ger war mit sei­nen Brü­dern zu glei­chen Antei­len Gesell­schaf­ter einer GmbH und neben einem der Brü­der zum ein­zel­ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Geschäfts­füh­rer der Gesell­schaft auf Grund­la­ge eines Geschäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trags bestellt. Die Sat­zung der GmbH sah vor, dass die Gesell­schaft bei Abschluss, Ände­rung oder Been­di­gung eines Geschäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trags durch die Gesell­schaf­ter und die Geschäfts­füh­rung gemein­sam ver­tre­ten wird. 

In einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung im Jahr 2019 wur­den die Abbe­ru­fung des Klä­gers als Geschäfts­füh­rer der Gesell­schaft und die Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trags beschlos­sen. Der mit dem Aus­spruch der Kün­di­gung beauf­trag­te wei­te­re Geschäfts­füh­rer und Bru­der des Klä­gers erklär­te mit Schrei­ben vom sel­ben Tag die frist­lo­se Kün­di­gung des Geschäfts­füh­rer­an­stel­lungs­ver­trags gegen­über dem Klä­ger. Das Kün­di­gungs­schrei­ben befand sich auf dem all­ge­mei­nen Brief­pa­pier der Gesell­schaft und wur­de vom Bru­der des Klä­gers ohne den Zusatz Geschäfts­füh­rer“ unterschrieben. 

Die Vor­in­stanz ging von der Unwirk­sam­keit der Kün­di­gung aus und ver­ur­teil­te die Gesell­schaft zur Zah­lung von wei­te­rem Geschäfts­füh­rer­ge­halt an den Klä­ger. Dies begrün­de­te die Vor­in­stanz im Wesent­li­chen damit, dass die Kün­di­gungs­er­klä­rung durch den Geschäfts­füh­rer nur im Namen der Gesell­schaf­ter und nicht gemäß der Sat­zungs­re­ge­lung auch als Geschäfts­füh­rer abge­ge­ben wor­den sei. Mit der Beru­fung ver­folg­te die Beklag­te die Rück­zah­lung des unter Vor­be­halt gezahl­ten Geschäftsführergehalts.


Ent­schei­dung

Der BGH sah in der Annah­me der Vor­in­stanz einen Ver­stoß gegen aner­kann­te Aus­le­gungs­re­geln. Bei der Aus­le­gung von Erklä­run­gen bil­de­ten, so das Gericht, der Wort­laut und der dar­aus zu ent­neh­men­de objek­ti­ve Par­tei­wil­le den Aus­gangs­punkt, die jedoch kei­ne Gren­ze für die Aus­le­gung anhand der Gesamt­um­stän­de dar­stell­ten. Zusätz­lich sei­en der mit der Erklä­rung ver­folg­te Zweck und die Inter­es­sen­la­ge der Par­tei­en zu berücksichtigen. 

Nach die­sen Grund­sät­zen habe der Bru­der des Klä­gers die Kün­di­gungs­er­klä­rung nicht nur für die Gesell­schaft ver­tre­ten durch die Gesell­schaf­ter, son­dern zugleich auch als Geschäfts­füh­rer abge­ge­ben. Der objek­ti­ve Erklä­rungs­wert einer Erklä­rung, die von einem GmbH-Geschäfts­füh­rer auf dem Geschäfts­pa­pier abge­ge­ben wird und die Ver­trags­be­zie­hun­gen der Gesell­schaft betrifft, gehe grund­sätz­lich dahin, dass die Erklä­rung im Namen der Gesell­schaft abge­ge­ben wer­den soll. Eine aus­drück­li­che Unter­zeich­nung in Ver­tre­tung“ oder als Geschäfts­füh­rer“ sei nach Ansicht des Gerichts nicht erfor­der­lich, wenn sich die Stel­lung als Geschäfts­füh­rer aus der vor­ge­schrie­be­nen Nam­haft­ma­chung auf dem Geschäfts­brief gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ergebe. 

Der wei­te­re Inhalt des Kün­di­gungs­schrei­bens müs­se nach dem Gericht bei der Aus­le­gung eben­falls berück­sich­tigt wer­den. In dem Schrei­ben wer­de zugleich ein Haus­ver­bot für den Klä­ger aus­ge­spro­chen, das in den Zustän­dig­keits­be­reich der Geschäfts­füh­rung fal­le. Der Aus­spruch in einem gemein­sa­men Schrei­ben mit der Kün­di­gung spre­che eben­falls dafür, dass die Kün­di­gung zugleich im Namen der Gesell­schaft erklärt wer­den sollte.


Pra­xis­hin­weis

Das Urteil des BGH ver­deut­licht, wie wich­tig kla­re For­mu­lie­run­gen und Ver­tre­tungs­re­ge­lun­gen bei geschäft­li­chen Erklä­run­gen sind. Die Aus­le­gung von geschäft­li­chen Erklä­run­gen ist nach aner­kann­ten objek­ti­ven Maß­stä­ben vor­zu­neh­men. Daher muss nach außen hin deut­lich wer­den, für wen eine Erklä­rung abge­ge­ben wird. Ein Geschäfts­füh­rer soll­te, um Unklar­hei­ten zu ver­mei­den, stets zu erken­nen geben, wenn er im Namen der Gesell­schaft han­delt, zum Bei­spiel durch Unter­zeich­nung mit einem Ver­tre­tungs­hin­weis und Ver­wen­dung von Brief­pa­pier der Gesell­schaft, auf dem die Namen der Geschäfts­füh­rer auf­ge­führt sind.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

Marie Peters

Rechtsanwältin

Telefon: +49 40 4223 6660-50

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