DCGK: Kodex­re­form 2022 –
Nach­hal­tig­keit gewinnt an Bedeutung

Am 25. Janu­ar 2022 hat die Regie­rungs­kom­mis­si­on Deut­scher Cor­po­ra­te Gover­nan­ce Kodex (RegK DCGK) Ände­run­gen des DCGK vor­ge­legt und die Ände­run­gen auf ihrer Web­site ver­öf­fent­licht.

Die dazu­ge­hö­ri­ge Pres­se­mit­tei­lung beti­telt die Ände­run­gen schlag­wort­ar­tig wie folgt:

Kodex­re­form 2022 – Nach­hal­tig­keit gewinnt an Bedeutung 

  • Vor­stän­de sol­len wirt­schaft­li­che, öko­lo­gi­sche und sozia­le Belan­ge austarieren 
  • Nach­hal­tig­keit als inte­gra­ler Bestand­teil der Geschäftsstrategie 
  • Über­ar­bei­tung der Emp­feh­lun­gen zum Prü­fungs­aus­schuss nach dem FISG, das heißt dem Finanz­markt­in­te­gri­täts­stär­kungs­ge­setz, das in sei­nen wesent­li­chen Tei­len am 1. Juli 2021 in Kraft getre­ten ist.

Hin­ter die­ser schlag­wort­ar­ti­gen Auf­zäh­lung ver­ber­gen sich indes im Ein­zel­nen nicht uner­heb­li­che Ände­run­gen, die die Anfor­de­run­gen an die Cor­po­ra­te Gover­nan­ce noch ein­mal erheb­lich nach­schär­fen und ins­be­son­de­re klei­ne­re bör­sen­no­tier­te Gesell­schaf­ten vor nicht uner­heb­li­che Her­aus­for­de­run­gen stel­len können.


Nach­hal­tig­keit (A.1 und A.6 DCGK‑E 2022)

  • Die mit den Sozi­al- und Umwelt­fak­to­ren ver­bun­de­nen Risi­ken und Chan­cen für das Unter­neh­men sowie die öko­lo­gi­schen und sozia­len Aus­wir­kun­gen der Unter­neh­mens­tä­tig­keit sol­len durch den Vor­stand sys­te­ma­tisch iden­ti­fi­ziert und bewer­tet werden.
    • Dar­über hin­aus soll in der Unter­neh­mens­stra­te­gie dar­ge­stellt wer­den, wie die wirt­schaft­li­chen, öko­lo­gi­schen und sozia­len Zie­le in einem aus­ge­wo­ge­nen Ver­hält­nis umzu­set­zen sind.
    • Die finan­zi­el­len und nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­nen Zie­le sol­len expli­zit in die Unter­neh­mens­pla­nung auf­ge­nom­men werden.
  • Den Auf­sichts­rat tref­fen kor­re­spon­die­ren­de Über­wa­chungs­pflich­ten.


Inter­nes Kon­troll­sys­tem, Risi­ko­ma­nage­ment­sys­tem, Com­pli­ance Manage­ment Sys­tem (A.3 und A.5 DCGK‑E 2022)

  • Das Inter­ne Kon­troll­sys­tem (IKS) und das Risi­ko­ma­nage­ment­sys­tem (RMS) sol­len auf finan­zi­el­le und nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ne Belan­ge aus­ge­rich­tet sein.
    • Dies soll die Pro­zes­se und Sys­te­me zur Erfas­sung und Ver­ar­bei­tung nach­hal­tig­keits­be­zo­ge­ner Daten miteinschließen. 
    • Eine wirk­sa­me Umset­zung der Unter­neh­mens­stra­te­gie erfor­de­re laut der Begrün­dung der RegK DCGK eine ent­spre­chend umfas­sen­de Unter­neh­mens­steue­rung und Erfolgs­kon­trol­le. Auch könn­ten ohne sol­che sys­tem­sei­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen die Berichts­an­for­de­run­gen der erst­mals für das Geschäfts­jahr 2023 anwend­ba­ren EU-CSRD (Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Report­ing Direc­ti­ve), wel­che die bis­her gel­ten­de Non-Finan­cial Report­ing Direc­ti­ve (NFRD) erset­zen soll, nicht erfüllt werden.
    • Da das IKS und das RMS auch ein (an der Risi­ko­la­ge des Unter­neh­mens aus­ge­rich­te­tes) Com­pli­ance Manage­ment Sys­tem (CMS) umfasst, wird letz­te­res die vor­ge­nann­ten Belan­ge eben­falls berück­sich­ti­gen müssen.
  • Im Lage­be­richt sol­len die wesent­li­chen Merk­ma­le des IKS und RMS beschrie­ben werden.
    • Dar­über hin­aus soll zur Ange­mes­sen­heit und Wirk­sam­keit der Sys­te­me Stel­lung genom­men werden. 
    • Damit geht die RegK DCGK über die gesetz­li­chen Rege­lun­gen hin­aus: § 289 Abs. 4 HGB ver­langt von kapi­tal­markt­ori­en­tier­ten Unter­neh­men (ledig­lich) die Beschrei­bung der wesent­li­chen Merk­ma­le des inter­nen Kon­troll- und Risi­ko­ma­nage­ment­sys­tems im Hin­blick auf den Rech­nungs­le­gungs­pro­zess. Die mit dem FISG ein­ge­führ­te Ver­pflich­tung zur Ein­rich­tung eines umfas­sen­den IKS und RMS gebie­te aber eine ent­spre­chen­de wei­ter­ge­hen­de Offenlegung.
    • Nach Auf­fas­sung der RegK DCGK umfasst die Stel­lung­nah­me zur Ange­mes­sen­heit und Wirk­sam­keit der Sys­te­me ins­be­son­de­re auch, wor­in die inter­ne Über­wa­chung und ggf. exter­ne Prü­fung der Sys­te­me bestan­den hat.


Anfor­de­run­gen und Arbeits­wei­se Prü­fungs­aus­schuss (D.3 und D.4 DCGK‑E 2022)

  • Die fach­li­chen Anfor­de­run­gen an die Mit­glie­der des Prü­fungs­aus­schus­ses (PA) wer­den erhöht.
    • Bis­lang genüg­te es, wenn der Vor­sit­zen­de des PA neben beson­de­ren Kennt­nis­sen und Erfah­run­gen in der Anwen­dung von Rech­nungs­le­gungs­grund­sät­zen und inter­nen Kon­troll­ver­fah­ren“ mit der Abschluss­prü­fung ver­traut“ war. Künf­tig sol­len sol­che beson­de­ren Kennt­nis­se und Erfah­run­gen indes auch in Bezug auf die Abschluss­prü­fung vor­han­den sein. Der Kodex will damit über die gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen des FISG hin­aus­ge­hen, wonach ein ent­spre­chen­der Sach­ver­stand“ genügt, der auch im Wege einer ent­spre­chen­den Wei­ter­bil­dung“ erwor­ben wer­den kann. Die erhöh­ten Anfor­de­run­gen des DCGK sei­en nach Auf­fas­sung der RegK DCGK durch die Bedeu­tung der Abschluss­prü­fung für die Auf­ga­ben des PA gerecht­fer­tigt. Über ent­spre­chen­de Erfah­run­gen ver­fügt aber regel­mä­ßig nur, wer in der Abschluss­prü­fung tätig war oder ist. In der letz­ten Kon­se­quenz wür­de dies bedeu­ten, dass dem Prü­fungs­aus­schuss künf­tig ein Mit­glied ange­hö­ren muss, das als Wirt­schafts­prü­fer oder Steu­er­be­ra­ter tätig war oder ist oder zumin­dest in einer Prü­fungs­ge­sell­schaft in ver­ant­wort­li­cher Posi­ti­on gear­bei­tet hat.
    • Die Kennt­nis­se und Erfah­run­gen in Bezug auf die Rech­nungs­le­gung und die Abschluss­prü­fung müs­sen aller­dings nicht bei­de in der Per­son des Vor­sit­zen­den vor­lie­gen. Es genügt eines der bei­den Fach­ge­bie­te, sofern (min­des­tens) ein wei­te­res Mit­glied des PA über kom­ple­men­tä­re Kennt­nis­se und Erfah­run­gen verfügt.
    • Die beson­de­ren Kennt­nis­se und Erfah­run­gen in Bezug auf die Abschluss­prü­fung erfor­dern nach Auf­fas­sung der RegK DCGK auch sol­che in Bezug auf die Prü­fung der Nach­hal­tig­keits­be­richt­erstat­tung.
    • Zu den beson­de­ren Kennt­nis­sen und Erfah­run­gen der betref­fen­den Mit­glie­der des PA auf den genann­ten Gebie­ten sol­len nähe­re Anga­ben in der Erklä­rung zur Unter­neh­mens­füh­rung gemacht wer­den.
  • Es soll ein regel­mä­ßi­ger Aus­tausch des PA-Vor­sit­zen­den mit dem Finanz­vor­stand und dem Abschluss­prü­fer über den Fort­gang der Prü­fung erfol­gen. Der PA-Vor­sit­zen­de soll an Dis­kus­sio­nen bzgl. kri­ti­scher Prü­fungs­sach­ver­hal­te teil­neh­men und dem PA hier­über berich­ten. Dies ent­spricht auch jetzt schon der geüb­ten Praxis. 
  • Der PA soll sich fer­ner davon über­zeu­gen, dass die Ange­mes­sen­heit und Wirk­sam­keit des IKS und RMS (ein­schließ­lich CMS) intern geprüft wird, sowie eine exter­ne Prü­fung des inter­nen Revi­si­ons­sys­tems, also der ein­ge­rich­te­ten Maß­nah­men zur Über­wa­chung des bestehen­den IKS und RMS, ver­an­las­sen.


Fazit

Der Kon­sul­ta­ti­ons­pro­zess zum Ent­wurf wur­de erst am 25. Janu­ar 2022 ein­ge­lei­tet (schrift­li­che Stel­lung­nah­men sind bis zum 11. März 2022 mög­lich), daher wird es noch eini­ge Zeit dau­ern, bis die end­gül­ti­ge Fas­sung ver­ab­schie­det wird. In wel­che Rich­tung die Rei­se gehen wird, ist aber jetzt schon klar erkennbar. 

Die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma Nach­hal­tig­keit und CSR wird zum Dau­er­bren­ner. Inso­fern wird der DCGK aber nicht zum Trei­ber, son­dern zeich­net Ent­wick­lun­gen in ande­ren Geset­zes­wer­ken nach. 

Das Anfor­de­rungs­pro­fil an den Auf­sichts­rat indes wird wei­ter stei­gen und klei­ne­re Gesell­schaf­ten vor erheb­li­che Her­aus­for­de­run­gen stel­len. Gege­be­nen­falls müs­sen wei­te­re Auf­sichts­rats­mit­glie­der mit dem ent­spre­chen­den Anfor­de­rungs­pro­fil nach­no­mi­niert wer­den, wenn kei­ne Abwei­chung vom Kodex erklärt wer­den soll, was jedoch wie­der­um den Unmut von Inves­to­ren und ande­ren Stake­hol­dern zur Fol­ge haben könn­te. Inso­fern stellt sich – nicht nur in Bezug auf den Kodex – die Fra­ge, ob eine ein­heit­li­che Behand­lung aller bör­sen­no­tier­ten Gesell­schaf­ten ohne Unter­schei­dung nach der Grö­ße gerecht­fer­tigt ist oder es nicht viel­mehr einen Basis­stan­dard an Emp­feh­lun­gen geben soll­te, den alle Unter­neh­men erfül­len müs­sen, wohin­ge­gen ein­zel­ne Emp­feh­lun­gen nur für gro­ße“ Unter­neh­men gel­ten sollen.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

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