Das Telemediengesetz (TMG)
ist passé
Das TMG ist Geschichte, die bestehenden Vorgaben werden künftig durch den Digital Services Act (DSA) und durch das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) geregelt. Der DSA ist eine EU-Verordnung, die am 16. November 2022 in Kraft getreten ist und seit dem 17. Februar 2024 in allen Mitgliedstaaten der EU verbindlich gilt.
Zur Umsetzung des DSA hat der Bundestag das DDG auf den Weg gebracht und am 21. März 2024 verabschiedet. Der Bundesrat billigte das Gesetz am 26. April 2024. Mit der Verkündung des DDG tritt zugleich das TMG außer Kraft. Während die seit Februar 2024 in der EU geltende DSA-Verordnung Sorgfaltspflichten für Online-Dienste und die Durchsetzung auf EU-Ebene regelt, konkretisiert das DDG die Zuständigkeiten der Behörden in Deutschland. Eine zentrale Rolle bei der Aufsicht von Vermittlungsdiensten wird dabei künftig die Bundesnetzagentur spielen. Derzeit bestehende nationale Regelungen zu digitalen Diensten, wie das TMG und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) werden durch das DDG vollständig bzw. das NetzDG im überwiegenden Teil abgelöst.
Was sind die Ziele des DSA?
Der DSA (in Deutschland auch als „Gesetz über digitale Dienste“ bezeichnet, nicht zu verwechseln mit dem Digitale-Dienste-Gesetz (DDG)) soll die Entfernung illegaler Inhalte erleichtern und die Grundrechte der Nutzerinnen und Nutzer schützen. Neben dem Schutz der Redefreiheit im Internet sollen illegale Inhalte auf Plattformen besser bekämpft werden. Dies betrifft neben Hassrede beispielsweise auch gefälschte Produkte, die zum Kauf angeboten werden. Für große Online-Plattformen und Suchmaschinen, die monatlich mindestens 45 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer erreichen (z. B. Meta, Amazon, Tiktok, Instagram, YouTube, LinkedIn), gelten gesteigerte Sorgfaltsanforderungen, wie zum Beispiel die Pflicht zur Risikoanalyse und Risikominimierung.
Was sind Vermittlungsdienste als Anbieter von digitalen Diensten?
Der DSA gilt für alle Online-Vermittlungsunternehmen, die im EU-Binnenmarkt Inhalte, Produkte und Dienstleistungen für Nutzer bereitstellen, unabhängig davon, ob sich ihre Niederlassung innerhalb oder außerhalb der EU befindet (Marktortprinzip).
Vermittlungsdienste i. S. v. Art. 3 lit. g) DSA sind Dienste, die die Übertragung, Speicherung und/oder Zurverfügungstellung von nutzergenerierten Inhalten zum Gegenstand haben. Beispielhaft zu nennen sind hier soziale Netzwerke, Online-Marktplätze und Vergleichsportale aber auch Cloud-Dienste, Content Delivery Networks, VPNs, Registrierungsstellen und Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen. Auch Online-Shops, die nur vereinzelt Inhalte Dritter einstellen und verbreiten, können als Vermittlungsdienst erfasst sein. Dies gilt insbesondere für E‑Commerce-Angebote, bei denen Nutzer Bewertungen für einzelne Produkte oder Unternehmen abgeben können, die dann veröffentlicht werden und anderen Nutzern zur Orientierung dienen sollen.
Vermittlungsdienste lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Vermittlungsdienste einer „reinen Durchleitung“, „Caching“-Dienste und „Hosting“-Dienste (Art. 6 DSA). Eine Sonderform der Hosting-Dienste sind sog. Online-Plattformen, insbesondere wenn sie Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen („Online-B2C-Marktplätze“).
- Reine Durchleitungsdienstleistungen erfassen die Informationsübermittlung von Nutzern zu einem Kommunikationsnetz oder die Zugangsvermittlung (z. B. drahtlose Zugangspunkte, auch Wireless Access Points), die Informationen werden darüber hinaus bis auf das zur Übermittlung technisch Notwendige nicht wesentlich verändert. Erfasst sind insbesondere Access-Provider (als Internetzugangsvermittler) und Telekommunikationsunternehmen (E‑Mail oder Chat-Dienste; Internetsprachtelefonie (VoIP)).
- Caching bedeutet ebenfalls die Übermittlung der von Nutzern bereit gestellten Information an ein Kommunikationsnetz, aber beinhaltet zusätzlich noch eine zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung der vom Nutzer bereitgestellten Informationen, sodass sie bei späterem Bedarf schneller abgerufen werden können. Dieses Caching ermöglicht dem Proxy-Server, sich häufig auftretende wiederholende Anfragen entweder teilweise oder komplett selbst zu beantworten. So können statische Inhalte wie Bilder oder häufig aufgerufene dynamische Webseiten im Cache des Proxys vorgehalten werden, wodurch sich die Zugriffsrate auf Webdienste deutlich beschleunigt.
- Hosting-Dienste und den größten Anwendungsbereich in der Praxis betreffen Dienste, die von einem Nutzer bereit gestellte Informationen in dessen Auftrag speichern (z. B. Cloud Computing Dienste, Webhosting-Dienste und Dienste, die den Online-Austausch von Informationen und Inhalten ermöglichen (Datenräume)). Der Begriff des Hosting-Dienstes ist dabei deutlich weiter als der der Online-Plattformen – ein Hosting-Dienst liegt beispielsweise schon vor, wenn es zum Dienst gehört, dass mit einem Nutzerkonto verknüpfte Daten für den Nutzer gespeichert werden. Erfasst sein können auch die Fälle, in denen Webshops Nutzungsverläufe, ‑präferenzen und ‑modalitäten speichern sowie die Speicherung von Nutzerkommentaren als Nebenfunktion von Lieferdiensten.
Welche Angaben im Impressum müssen Vermittlungsdienste zukünftig möglicherweise zusätzlich angeben?
Die unterste Regulierungsstufe gilt für alle Vermittlungsdienste, unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Tätigkeitsbereich. Die Art. 11 bis 15 DSA enthalten allgemeine Sorgfaltspflichten für Vermittlungsdienste, z. B. Einrichtung einer Kontaktstelle für Behörden und Nutzer, und besondere Vorgaben für AGB, hier insbesondere:
- die Benennung und Zurverfügungstellung der Kontaktstellen für Behörden und Nutzer (DSA-Kontaktstelle für Nutzer und DSA-Kontaktstelle für Behörden mit Adresse, Namen der Geschäftsführer, Registergericht und Handelsregisternummer sowie USt-ID Nr.);
- die Anpassung Allgemeiner Geschäftsbedingungen an die Anforderungen des DSA und Veröffentlichung der angepassten Geschäftsbedingungen (hier insbesondere die Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 – 3 DSA) unter anderem mit Angaben zu etwaigen Beschränkungen in Bezug auf die von den Nutzern bereitgestellten Informationen, die sie im Zusammenhang mit der Nutzung ihres Dienstes auferlegen. Diese Angaben enthalten Angaben zu allen Leitlinien, Verfahren, Maßnahmen und Werkzeuge, die zur Moderation von Inhalten eingesetzt werden, einschließlich der algorithmischen Entscheidungsfindung und der menschlichen Überprüfung, sowie zu den Verfahrensregeln für ihr internes Beschwerdemanagementsystem (Art. 14 Abs. 1 DSA).
- die Erstellung eines Musters für einen Transparenzbericht und die Schaffung der notwendigen Prozesse zu seiner Erstellung und Veröffentlichung. Dabei müssen insbesondere die Anzahl der von Behörden der Mitgliedstaaten erhaltenen Anordnungen aufgeschlüsselt nach der Art der betroffenen rechtswidrigen Inhalte, Informationen über eigeninitiativ durchgeführte Moderation von Inhalten und Angaben über die Anzahl der Beschwerden sowie die etwaige Verwendung automatisierter Mittel zur Moderation von Inhalten enthalten (Art. 15 DSA). Zu beachten ist, dass die Pflichten nicht für Vermittlungsdienste gelten, bei denen es sich um Kleinst- oder Kleinunternehmen handelt (weniger als 50 Beschäftigte, Jahresumsatz i.H.v. maximal 10 Millionen Euro), Art. 15 Abs. 2).
- Kleinst- oder Kleinunternehmen sind sie von den Regelungen für Online-Plattformen (mit Ausnahme der Pflicht zur Übermittlung ihrer Nutzerzahlen an die Aufsichtsbehörde auf Anfrage) sowie den Regelungen für Online-B2C-Marktplätze befreit (Art. 19 Abs. 1, 2, 29 Abs. 1, 2 DSA).
Fazit
Das DDG führt materiellrechtlich zu keiner Erweiterung der im DSA enthaltenen allgemeinen Sorgfaltspflichten für alle Vermittlungsdienste (Art. 11 – 15 DSA). Das DDG enthält nahezu wortgleich große Teile des bisherigen TMG (inklusive der Bußgeldvorschriften) sowie darüberhinausgehend insbesondere Definitionen und Regelungen zu Zuständigkeiten der Behörden und der Koordinierungsstelle für digitale Dienste.
Es sollte in Zukunft auf Webseiten und in den sozialen Medien darauf geachtet werden, dass korrekterweise auf § 5 DDG verwiesen wird, statt auf § 5 TMG. Es kann sich auch empfehlen, die Impressumsangaben ohne spezielle Verweisung auf den Gesetzestext vorzunehmen und den Verweis auf § 5 TMG/§ 5 DDG schlicht zu streichen.
Die für alle Vermittlungsdienste geltenden Angaben zu einer DSA-Kontaktstelle für Nutzer und Behörden sollten ausdrücklich aufgenommen und ergänzt werden.
Auch die AGB sollten insbesondere im Hinblick auf die Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 – 3 DSA überprüft und ggfs. angepasst werden.
Ansprechpartner
Alexander Hausner, LL. M.
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
zert. Datenschutzbeauftragter
Telefon: +49 40 4223 6660-44