Das Recht zum Wider­ruf bei Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trä­gen –
Ober­ge­richt­li­che Recht­spre­chung, Stand Dezem­ber 2020

Bei Lea­sing­ver­trä­gen mit Ver­brau­chern besteht – jeden­falls bei Lea­sing­ver­trä­gen mit Rest­wert­ga­ran­tie – ein Wider­rufs­recht des Ver­brau­chers. Es han­delt sich im Grun­de um Kre­dit­ver­trä­ge, bei denen der Gesetz­ge­ber ein beson­de­res Schutz­be­dürf­nis des Ver­brau­chers sieht. Die gesetz­li­che Grund­la­ge fin­det sich in § 506 Abs. 2 BGB.

Bei sog. Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trä­gen ist umstrit­ten, ob ein Wider­rufs­recht des Ver­brau­chers besteht. In Lea­sing­ver­trä­gen die­ses Ver­trags­typs wird vom Lea­sing­neh­mer in aller Regel kein Rest­wert des Lea­sing­ge­gen­stands garan­tiert – ggf. ist ledig­lich nach Ablauf der Lea­sing­zeit ein Min­der­wert (abhän­gig von Alter und Gebrauchs­zu­stand) aus­zu­glei­chen. Der Lea­sing­neh­mer ist zudem ver­pflich­tet, die über die ver­trag­lich bestimm­te Lauf­leis­tung hin­aus­ge­hen­de Kilo­me­ter­leis­tung mit einem ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Betrag zu ver­gü­ten. Liegt die Kilo­me­ter­leis­tung unter dem ver­ein­bar­ten Wert, erhält der Lea­sing­neh­mer eine kilo­me­ter­ab­hän­gi­ge Erstattung.

Den­noch wird dis­ku­tiert, ob die­ser Lea­sing­ty­pus unter § 506 Abs. 2 BGB fällt und damit dem Lea­sing­neh­mer ein gesetz­li­ches Wider­rufs­recht zusteht. Fehlt es dann an einer Beleh­rung, wovon in der Pra­xis regel­mä­ßig aus­zu­ge­hen ist, kann der Ver­brau­cher sei­ne Ver­trags­an­nah­me grund­sätz­lich auch noch nach vie­len Mona­ten oder gar Jah­ren nach Abschluss wider­ru­fen. Der Ver­trag ist dann als nie ent­stan­den zu behandeln.

Der BGH hat die­se Streit­fra­ge bis­lang nicht ent­schie­den. In jüngs­ter Zeit haben aber etwa das OLG Stutt­gart und das OLG Frank­furt am Main fest­ge­hal­ten, dass kein Wider­rufs­recht bei Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trä­gen besteht.


OLG Stutt­gart, Urteil vom 29. Okto­ber 2019 – 6 U 338/18

Das OLG Stutt­gart beschäf­tigt sich in der Ent­schei­dung aus­führ­lich mit der Fra­ge, wel­che Anfor­de­run­gen an den Wort­laut von § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB für einen bestimm­ten Wert des Gegen­stan­des ein­zu­ste­hen“ zu stel­len sind. Es stellt fest, dass ein bestimm­ter Wert“ im Sin­ne des Geset­zes aus­weis­lich sei­ner Begrün­dung nur dann vor­liegt, wenn im Ver­trag eine fes­te Zahl ver­ein­bart ist. Sofern dies nicht ver­ein­bart ist, gilt § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht. Dabei bleibt es auch, wenn der Lea­sing­neh­mer nach dem Ver­trag bei Ablauf der Lea­sing­zeit zum Aus­gleich einer Wert­min­de­rung ver­pflich­tet ist. Denn die in Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trä­gen regel­mä­ßig begrün­de­te Ver­pflich­tung des Lea­sing­neh­mers, Schä­den am Lea­sing­gut mit Aus­nah­me nor­ma­ler Gebrauchs­spu­ren zu erset­zen, begrün­det kei­ne Ein­stands­pflicht des Lea­sing­neh­mers für einen bestimm­ten Wert des Leasinggegenstandes.


OLG Frank­furt am Main, Urteil vom 03.06.2020 – 17 U 813/19

Die­se Recht­spre­chung hat zuletzt das OLG Frank­furt am Main bestä­tigt. Das Gericht macht zudem Aus­füh­run­gen zur Fra­ge, ob die o. g. Rege­lung ana­log anzu­wen­den sei. Nach den Aus­füh­run­gen des Gerichts ist eine ana­lo­ge Anwen­dung des § 506 Abs. 2 BGB auf Lea­sing­ver­trä­ge mit Kilo­me­ter­ab­rech­nung jedoch aus­ge­schlos­sen, denn es fehlt bereits an einer plan­wid­ri­gen Regelungslücke.

Dass Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trä­ge in der Geset­zes­be­grün­dung zu § 506 BGB nicht aus­drück­lich genannt wer­den, zeigt, dass der Gesetz­ge­ber die­se Ver­trä­ge bewusst aus dem Anwen­dungs­be­reich der Vor­schrift aus­ge­nom­men habe (umstrit­ten).

Auch für eine ver­brau­cher­schutz­recht­li­che Gleich­be­hand­lung des Lea­sing­ver­trags mit Kilo­me­ter­ab­rech­nung und des Lea­sing­ver­trags mit Rest­wert­ga­ran­tie besteht unter dem Gesichts­punkt des Umge­hung­schut­zes kein Bedürf­nis. Die Ver­trä­ge unter­schei­den sich in einem maß­geb­li­chen Punkt: Wäh­rend der Lea­sing­neh­mer des Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trags nicht den gesam­ten kre­di­tier­ten Betrag zurück­füh­ren muss und das Aus­maß sei­ner Belas­tung mit Abschluss des Ver­trags fest­steht, wird der Lea­sing­neh­mer, der dem Lea­sing­ge­ber einen bestimm­ten Rest­wert garan­tiert, mit der Unsi­cher­heit der Rea­li­sier­bar­keit die­ses Rest­werts belas­tet. Beim Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trag liegt das Rest­wert­ri­si­ko beim Leasinggeber.


Fazit

Ver­brau­cher­schutz soll­te im Inter­es­se der Bestands­kraft von Ver­trä­gen nicht leicht­fer­tig aus­ge­dehnt wer­den. Die ober­ge­richt­li­che Recht­spre­chung bestä­tigt dies. Mit dem Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trag steht dem Ver­brau­cher ein Ver­trag zur Ver­fü­gung, der ihm einen (beträcht­li­chen) Teil der Anschaf­fungs­kos­ten und dem damit ver­bun­de­nen Markt­wert­ri­si­ko abnimmt und in dem die geschul­de­ten Zah­lun­gen in fest­ste­hen­den Beträ­gen trans­pa­rent ver­ein­bart wer­den. Als Lea­sing­neh­mer trägt der Ver­brau­cher hier weder recht­lich noch wirt­schaft­lich die Las­ten eines Abzah­lungs­käu­fers bzw. der vol­len Amor­ti­sa­ti­on. Es ist daher frag­lich, war­um trotz­dem auch der Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trag mit dem auf das Ver­brau­cher­dar­le­hen zuge­schnit­te­nen Wider­rufs­recht belas­tet wer­den soll – auch vor allem vor dem Hin­ter­grund, dass Ver­brau­cher­schutz klar gere­gelt sein und durch den gesetz­ge­be­ri­schen Wil­len getra­gen sein muss. Andern­falls ist damit zu rech­nen, dass der Ver­brau­cher­schutz über den Wort­laut und Geset­zes­zweck hin­aus aus­ge­wei­tet wird, zu sei­nen eige­nen Unguns­ten. Denn Ana­lo­gien wie die auf­ge­zeig­te schü­ren Rechts­un­si­cher­hei­ten und ver­wäs­sern die gesetz­li­che Typi­sie­rung von Kre­dit­ver­trä­gen auf der einen, von Nut­zungs­ver­trä­gen – zu denen der Kilo­me­ter­lea­sing­ver­trag zu Recht zählt – auf der ande­ren Seite.

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