Arbeits- und Sozi­al­recht:
Wich­ti­ges für 2022

Pra­xis­hin­wei­se zur Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Arbeit und Sozia­les vom 15.12.2021

Kurz­ar­bei­ter­geld: Coro­na-Son­der­re­ge­lun­gen verlängert

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  • Maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 24 Monaten besteht zunächst für weitere drei Monate.
  • Verlängerung der Sonderregelungen über den erleichterten Zugang, nach denen statt mindestens ein Drittel nur mindestens 10 Prozent der Belegschaft eines Betriebs von einem Entgeltausfall betroffen sein müssen und keine negativen Arbeitszeitsalden vor Gewährung des Kurzarbeitergeldes aufzubauen sind.
  • Auf Antrag pauschalierte Erstattung der vom Arbeitgeber allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 50 Prozent
  • Auch Leiharbeitnehmer sind weiterhin für Kurzarbeitergeld bezugsberechtigt.
  • Der Hinzuverdienst aus einer geringfügigen Beschäftigung wird auch künftig nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
  • Staffelung höherer Leistungssätze bei längerer Kurzarbeit, Bemessungszeitraum ab April 2021 verlängert (ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent der Nettoentgeltdifferenz bzw. 77 Prozent, wenn ein Kind im Haushalt lebt; ab dem siebten Bezugsmonat 80 Prozent bzw. 87 Prozent)



Praxishinweis

Der Anteil an Mitarbeitern in Kurzarbeit steigt wieder. Dringend zu beachten ist, dass nach einer dreimonatigen Unterbrechung von Kurzarbeit eine neue Anzeige des Arbeitsausfalls bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu stellen ist.




Elek­tro­ni­sche Arbeits­los­mel­dung: Anpas­sungs­be­darf im Vertragsmanagement

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Ab sofort besteht neben der persönlichen Vorsprache in der zuständigen Agentur für Arbeit künftig zudem eine rechtssichere elektronische Form für die Arbeitslosmeldung. Diese stellt dabei auf den elektronischen Identitätsnachweis nach dem Personalausweisgesetz ab, also die Nutzung der sogenannten „Online-Ausweisfunktion“ des Personalausweises.



Praxishinweis

In Kündigungsschreiben oder Aufhebungs- bzw. Abwicklungsverträgen sind häufig Hinweise zur Meldepflicht des Arbeitnehmers i. S. d. § 38 SGB III enthalten. Diese müssen an den geänderten Gesetzeswortlaut angepasst werden.




Pri­va­te Arbeits­ver­mitt­lung: höhe­re Compliance-Anforderungen

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  • Private Arbeitsvermittler werden verpflichtet, bei einer grenzüberschreitenden Vermittlung die vermittelten Arbeitnehmer über die Arbeitsbedingungen des Arbeitsverhältnisses sowie über die Beratungsdienste der Sozialpartner und der staatlichen Stellen in Deutschland zu informieren.
  • Für die Vermittlung einer geringfügigen Beschäftigung darf ein privater Arbeitsvermittler künftig keine Vermittlungsprovision vom Arbeitsuchenden verlangen oder entgegennehmen. Dies gilt sowohl bei einer Geringfügigkeit in der Entgelt- als auch in der Zeitvariante.
  • Die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter übernommene Vergütung für eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen privaten Arbeitsvermittler auf Basis eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach § 45 Absatz 6 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) wird um 500 Euro erhöht.



Praxishinweis

Die formgerechte Einhaltung der neu eingeführten schriftlichen Katalog-Informationspflichten bei grenzüberschreitender Vermittlung gemäß § 299 SGB III ist Voraussetzung für das Entstehen des Vergütungsanspruchs. Die geforderte Schriftform erfordert die eigenhändige Unterzeichnung oder eine qualifizierte elektronische Signatur (§§ 126, 126a BGB).




Gesetz­li­cher Mindestlohn

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Der gesetzliche Mindestlohn beträgt ab dem 1. Januar 2022 brutto 9,82 Euro je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde.



Praxishinweis

Bei der allfälligen Anpassung bei der Entgeltabrechnung und der Stundenkontingente von entgeltgeringfügig beschäftigten Mitarbeitern sollte im Blick behalten werden, dass bereits zum 1. Juli 2022 der Mindestlohn erneut erhöht werden wird, und zwar auf 10,45 Euro. Ob und wann die im Koalitionsvertrag angesprochene Erhöhung der Minijob-Grenze auf 520 Euro pro Monat erfolgen wird, ist nicht prognostizierbar.




Sozi­al­ver­si­che­rungs­re­chen­grö­ßen: Verwaltungsaufwand

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Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2022 wurden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr (2021) angepasst. Seit längerem erfolgte eine Absenkung der Beitragsbemessungsgrenze.



Praxishinweis

Enthalten arbeitsrechtliche Individualvereinbarungen oder Tarifverträge, allen voran Entgeltumwandlungsvereinbarung für die Betriebliche Altersvorsorge, eine Beitragsbeschränkung z. B. auf 4 % oder 8 % der Beitragsbemessungsgrenze, besteht innerhalb dieser Grenzen eine Steuer- bzw. Sozialversicherungsfreiheit oder orientieren sich Arbeitgeberzuschüsse an diesen Werten, so ergibt sich durch die Absenkung Anpassungsbedarf bei den Abrechnungen auf Seiten der Arbeitgeber, je nach Beitragsberechnung auch der Versorgungsträger und Informationsbedarf auf Seiten der Mitarbeiter.




Sach­be­zugs­wer­te 2022: tur­nus­mä­ßi­ge Anpassung

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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat jährlich den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus anzupassen und dabei eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen. Der Verbraucherpreisindex ist im Zeitraum von Juni 2020 bis Juni 2021 um 2,8 Prozentpunkte gestiegen. Auf dieser Grundlage wurde der Monatswert für Verpflegung von 263 Euro auf 270 Euro angehoben (Frühstück auf 56 Euro, Mittag- und Abendessen auf jeweils 107 Euro). Der Wert für Mieten und Unterkunft erhöhen sich um 1,7 Prozent von 237 Euro auf 241 Euro.




Wei­ter­ent­wick­lung des Sta­tus­fest­stel­lungs­ver­fah­rens: Der Erfolg bleibt abzuwarten

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  • Die Einführung einer Prognoseentscheidung ermöglicht die Feststellung des Erwerbsstatus schon vor der Aufnahme der Tätigkeit und damit frühzeitiger als bisher.
  • Anstelle der Versicherungspflicht wird künftig (nur noch) der Erwerbsstatus festgestellt. Damit soll das Verfahren der Clearingstelle von bürokratischem Aufwand entlastet und das Verfahren beschleunigt werden.
  • Es wird eine Gruppenfeststellung für gleiche Vertragsverhältnisse ermöglicht. Dies entlastet insbesondere den Auftraggeber bei gleichen Aufträgen; er muss hierfür nicht mehr separate Statusfeststellungsverfahren durchführen.
  • Zukünftig können Dreieckskonstellationen beim Drittpersonaleinsatz gemeinsam geprüft werden. Auch damit können separate Statusfeststellungsverfahren vermieden werden.
  • Im Widerspruchsverfahren ist eine mündliche Anhörung möglich.

Die neuen Regelungen treten zum 1. April 2022 in Kraft, wobei diese teilweise (vorerst) bis zum 30. Juni 2027 begrenzt sind.



Praxishinweis

Auch wenn die Begrenzung des Prüfumfanges das bisher bestehende Problem der nicht zulässigen Einzelfeststellung des Erwerbstatus löst, so ist zu beachten, dass anhand der Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht immer die Feststellung einer Versicherungs- und Beitragspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung einhergeht. Ggf. wird also dem (ergänzenden) Prüfverfahren der Einzugsstellen gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV größeres Gewicht zukommen. Insgesamt ist und bleibt das Statusfeststellungsverfahren ein wichtiger Teil des unternehmerischen Risikomanagements beim Einsatz von Auftragnehmern, wie Freelancern, Interimsmanagern aber auch Fremdgeschäftsführern




Ein­heit­li­che Ansprech­stel­len für Arbeit­ge­ber: eine wich­ti­ge Ergänzung

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Ab dem 1. Januar 2022 sollen bundesweit eingerichtete unabhängige und trägerübergreifende „Einheitliche Ansprechstellen“ für Arbeitgeber die Arbeitgeber über die Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen informieren, beraten und bei der Antragsstellung und der späteren Zusammenarbeit mit den potenziellen Leistungsträgern unterstützen. Sie sollen helfen, nicht nur zu erfahren, welche Hilfen zur Verfügung stehen, sondern diese auch im Namen der Arbeitgeber für diese beantragen können.



Praxishinweis

Mit der Einrichtung der einheitlichen Ansprechstellen sollen Berührungsängste mit inklusivem Arbeiten abgebaut werden. Unübersichtliche Finanzierungsregelungen und Unkenntnis über technische und organisatorische Unterstützungsmaßnahmen sollen keine Ausrede für den Arbeitgeber mehr sein.



Ansprechpartner


Alexander Hausner, LL. M.

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
zert. Datenschutzbeauftragter

Telefon: +49 40 4223 6660-44

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