BGH:
Notar verletzt Amtspflicht durch Beurkundungen in den Räumen einer Vertragspartei
Entscheidung
Die Amtsgeschäfte eines Notars sind grundsätzlich an seiner Geschäftsstelle vorzunehmen. Das hat der BGH in einem aktuellen Beschluss entschieden. Nur in Ausnahmefällen, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen, kann er eine Beurkundung auch außerhalb seiner Geschäftsstelle, etwa in den Räumen bzw. am Wohnsitz einer der Parteien, vornehmen. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze kann ein Disziplinarverfahren zur Folge haben (Beschluss vom 22.03.2021 – NotSt (Brfg) 4/20).
Hintergrund
Der Kläger ist Anwaltsnotar. Er beurkundete mehrere Vereinbarungen und Erklärungen im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen (unter anderem Grundschuldbestellungen und Unterschriftsbeglaubigungen) der Gemeinde B in deren Räumlichkeiten. Die zuständige Aufsichtsbehörde sah darin eine Verletzung der Amtspflicht des Notars, den Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit zu vermeiden (§ 14 Abs. 3 S. 2 BnotO) und leitete ein Disziplinarverfahren ein.
Der BGH bestätigte dies. Die wiederholte Beurkundung in den Räumen einer Vertragspartei sei geeignet, den Anschein zu erwecken, der Notar stehe zu der Gemeinde in einem unangemessenen Näheverhältnis. Dies gilt vor allem dann, wenn der Notar keine sachlichen Gründe für die Auswärtsbeurkundungen vorweisen kann. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass es sich bei der begünstigten Vertragspartei um eine Gemeinde und damit um eine Gebietskörperschaft handelte, denn auch diese verfolgen eigene Interessen bei Grundstückskaufverträgen, sodass ein Interessengegensatz zur anderen Vertragspartei bestehen kann.
Hinweis
Der Beschluss des BGH zeigt deutlich, dass Beurkundungen oder Beglaubigungen außerhalb der Geschäftsstelle des Notars nur in Ausnahmefällen und bei Vorliegen sachlicher Gründe (etwa bei Alter/Krankheit) zulässig sind. Bequemlichkeit allein dürfte nicht reichen. Sofern man an einem Aufsuchen der Amtsräume des Notars etwa aufgrund größerer räumlicher Entfernung oder terminlich gehindert ist, empfiehlt es sich, – soweit zulässig – entsprechende Vollmachten einem Vertreter oder dem Rechtsbeistand zu erteilen.