Ände­run­gen im Nachweisgesetz

Am 23. Juni 2022 um 21.36 Uhr war es soweit. Der Deut­sche Bun­des­tag hat das Nach­weis­ge­setz (Nach­wG) erheb­lich erwei­tert, um so die EU-Richt­li­nie 1152/2019 über trans­pa­ren­te und vor­her­seh­ba­re Arbeits­be­din­gun­gen in der Euro­päi­schen Uni­on („Arbeits­be­din­gun­gen­richt­li­nie”), die am 20. Juni 2019 ver­öf­fent­licht wur­de, frist­ge­recht umzu­set­zen. Mit dem Umset­zungs­ge­setz wird nicht nur das Nach­weis­ge­setz geän­dert, son­dern auch Ergän­zun­gen etwa im Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz, Teil­zeit- und Befris­tungs­ge­setz, dem Berufs­bil­dungs­ge­setz oder der Gewer­be­ord­nung vorgenommen. 

Nach dem Nach­weis­ge­setz sind die wesent­li­chen Arbeits­be­din­gun­gen schrift­lich nie­der­zu­le­gen und die­se Nie­der­schrift ist dem Arbeit­neh­mer auszuhändigen. 

Der Kata­log der arbeit­ge­ber­sei­ti­gen Infor­ma­ti­ons­pflich­ten ist erwei­tert wor­den, bis hin zur Imple­men­tie­rung bis­her so im deut­schen Arbeits­recht nicht vor­ge­se­he­ner Arbeit­neh­mer­schutz­vor­schrif­ten, wozu ab 1. August 2022 auch die Auf­nah­me des bei der Kün­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses von Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer ein­zu­hal­ten­de Ver­fah­ren“ sowie die Frist zur Erhe­bung einer Kün­di­gungs­schutz­kla­ge“ gehört. Wäh­rend Ver­stö­ße des Arbeit­ge­bers gegen die Nach­weis­pflich­ten bis­her theo­re­tisch nur zivil­recht­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus­lö­sen konn­ten, prak­tisch aber meist sank­ti­ons­los blie­ben, unter­wirft das geän­der­te Nach­wG Ver­stö­ße zukünf­tig einem Buß­geld von bis zu 2.000 Euro.

Da das Gesetz richt­li­ni­en­kon­form zum 1. August 2022 in Kraft tre­ten wird und man­gels vor­ge­se­he­ner Über­gangs­fris­ten auch ab dem 1. August 2022 anzu­wen­den ist, besteht somit unmit­tel­ba­rer und kurz­fris­ti­ger Hand­lungs­be­darf bei der Über­prü­fung und Ergän­zung bestehen­der Ver­trä­ge und Ver­trags­mus­ter für Inlandsbeschäftigungen. 

Ach­tung: Für geplan­te Neu­ein­stel­lun­gen ab dem 1. August 2022 sind die neu­en Vor­ga­ben des geän­der­ten Nach­wG von Anfang an anzu­wen­den! Hier­zu bereits unter­zeich­ne­te Arbeits­ver­trä­ge müs­sen also bereits jetzt ergänzt wer­den. Für Bestands­mit­ar­bei­ter muss erst auf deren Ver­lan­gen hin ein Nach­weis erteilt werden. 

Wenn­gleich das Gesetz an vie­len Stel­len als rechts- und sozi­al­po­li­ti­sches Ver­sa­gen des natio­na­len Gesetz­ge­bers oder auch als des­sen hilf­lo­ses Rück­zugs­ge­fecht gegen den euro­päi­schen Richt­li­ni­en­ge­ber ange­se­hen wer­den könn­te, so soll an die­ser Stel­le ein ers­ter Über­blick über die unmit­tel­bar im Ver­trags­ma­nage­ment umzu­set­zen­den Über­le­gun­gen gege­ben werden.

Wel­che Arbeit­ge­ber sind betroffen?

+

Jeder Arbeitgeber ist von den Änderungen betroffen.




Wel­che Arbeit­neh­mer sind gemeint?

+

Alle Arbeitnehmer sind erfasst. Die bisherige Bereichsausnahme für vorübergehende Aushilfen entfällt (vgl. § 1 NachwG).

Auszubildende sind nach deutschem Rechtsverständnis keine Arbeitnehmer und sollen vom NachwG nicht umfasst sein, allerdings wurden die Nachweispflichten auch im Berufsbildungsgesetz erweitert. Da das NachwG eine EU-Richtlinie umsetzt, ist der Arbeitnehmerbegriff allerdings nach dem europarechtlichen Verständnis (vgl. Art. 45 AEUV) richtlinienkonform auszulegen (vgl. aktuell auch BAG, Urteil vom 11.06.2021, 2 AZR 540/20). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 30.03.2006, C 10/05; 10.09.2014, C 270/13) ist Arbeitnehmer jede Person, die eine tatsächliche und echte Tätigkeit in einem Lohn- und Gehaltsverhältnis ausübt. In Erwägungsgrund 8 der Richtlinie werden Auszubildende explizit als mögliche Anwendungsgruppe benannt, sofern die vorgenannte Voraussetzung erfüllt ist. Es spricht auch einiges dafür, dass auch in einem Berufsausbildungsverhältnis tatsächliche und echte Tätigkeiten im Austausch gegen Lohn und Gehalt erfolgen, wenn auch der Schwerpunkt im Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit und charakterlicher Förderung liegt. Eine eindeutige Klärung durch die Rechtsprechung liegt derzeit noch nicht vor.

Auch die Stellung als Geschäftsführer einer GmbH allein schließt dessen Eigenschaft als Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie nicht aus. Jedenfalls Fremdgeschäftsführer und Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer erbringen weisungsgebundene Leistungen und unterfallen damit dem europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff.

Praxishinweis
Zur Vereinheitlichung des Vertragsmanagements ergänzen Sie auch Auszubildendenverträge und Anstellungsverträge der Geschäftsführer um die im NachwG geforderten Informationen.




Wel­che Form­vor­schrif­ten gelten?

+

Wie bisher auch ist der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form explizit ausgeschlossen. Die Niederschrift ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG also als Papierdokument zu erstellen, vom Arbeitgeber zu unterschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

Praxishinweis
Der Abschluss eines digitalen Arbeitsvertrages, selbst mit qualifizierter elektronischer Signatur, entspricht damit weiterhin nicht den Anforderungen des NachwG und stellt gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 NachwG eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit (bis 2.000 Euro) dar.




Was ändert sich inhaltlich?

+

Die nachfolgend beschriebenen Änderungen in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nachweisgesetz betreffen überwiegend Informationen, die in Standardarbeitsverträgen regelmäßig bereits bisher niedergelegt waren. Die wenigen wirklich neuen Regelungen sind dafür umso weitreichender:

  • Nr. 3: Enddatum der Befristung: Alternative zur bisherigen Angabe der vorhersehbaren Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses.
  • Nr. 4: Freie Wählbarkeit des Arbeitsortes: Wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz frei wählen kann und/oder sonst kein Arbeitsort festgelegt wurde.
  • Nr. 6: Dauer einer vereinbarten Probezeit: Üübliche Regelung in Standardverträgen, bisher auch schon Nachweis der Vereinbarung zur Anwendung der verkürzten Kündigungsfristen gemäß § 622 Abs. 3 BGB.
  • Nr. 7: Vergütung von Überstunden: Üblicher Bestandteil eines Arbeitsvertrages, da schon jetzt Pauschalabgeltung mit Grundgehalt, konkrete Überstundenvergütung, Abgeltung durch Freistellung oder Überstundenzuschläge vereinbart werden.
  • Nr. 7: Zusammensetzung des Arbeitsentgelts: Alle Vergütungskomponenten sind getrennt darzustellen. Ob Geld-, Sach- oder geldwerte Leistungen wie eine Freistellung (etwa als Überstundenabgeltung) gewährt werden, ist ebenfalls als Bestandteil des Arbeitsentgelts niederzulegen.
  • Nr. 7: Art der Auszahlung: Es ist nun zwingend anzugeben, wie die getrennt auszuweisenden Vergütungsbestandteile ausgezahlt werden, also als Barauszahlung oder Überweisung.
  • Nr. 8: vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten: Nur anzugeben, wenn die Zeiten tatsächlich grundsätzlich feststehen, wie etwa im Rahmen von Schichtsystemen. Auch arbeitszeitrechtlich (vgl. § 4 Arbeitszeitgesetz) ist eine grundsätzliche Festlegung fester Pausenzeiten nicht erforderlich.
  • Nr. 8: Schichtsystem, Schichtrhythmus, Voraussetzungen für Schichtänderungen: Ausweislich der Gesetzesbegründung sind nur generelle Informationen zur vereinbarten Schichtarbeit gemeint. Die individuelle Dienstplangestaltung muss nicht schriftlich nachgewiesen werden, hier reicht weiterhin der Aushang am Schwarzen Brett.
  • Nr. 9: Arbeit auf Abruf: Konkrete Niederlegung der nach § 12 TzBfG vereinbarten Bedingungen (Mindeststunden, Zeitrahmen, Ankündigungsfrist).
  • Nr. 10: Möglichkeit und Voraussetzungen für Anordnung von Überstunden: Die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden wurde bisher schon als wesentliche Vertragsbedingung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG angesehen und ist in Standardarbeitsverträgen enthalten. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist die Aufnahme des Nr. 10 lediglich klarstellend gemeint.
  • Nr. 12: Anspruch auf Fortbildung: Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern arbeitsbezogene Fortbildungen anbieten muss, sollen diese entsprechend Art. 13 der Richtlinie für den Arbeitnehmer kostenlos sein, als Arbeitszeit gewertet werden und auch möglichst während der Arbeitszeit stattfinden. Dies wird nun auch in § 111 GewO so normiert. Wenn eine solche Pflicht bestehen sollte, muss dies dem Arbeitnehmer nun auch nachgewiesen werden. Im NachwG aufgenommen wurde dem Wortlaut nach nur die Pflicht, den Arbeitnehmer über den grundsätzlichen Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen zu informieren, die Gesetzesbegründung spricht weitergefasst von einer Information über den „Umfang des Anspruchs“.
  • Nr. 13: Name und Anschrift des Versorgungsträgers einer betrieblichen Altersvorsorge: Die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger selbst seinen Namen und Anschrift verpflichtend mitteilen muss, was etwa für Pensionsfonds- und -kassen sowie Lebensversicherungsunternehmen gesetzlich vorgesehen ist. Vereinheitlichend sollte zu Vermeidung von Rechtsrisiken bei jeder Durchführung externer betrieblicher Altersvorsorge den Arbeitnehmern die Informationen über den Anbieter dem NachwG entsprechend übermittelt werden.
  • Nr. 14: Kündigungsverfahren, Klagefrist: Dem Arbeitnehmer ist das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nachzuweisen. Die Präklusionsvorschrift des § 7 Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden. Das ist die wohl weitgehendste und auch umstrittenste Ergänzung des Gesetzes. Es bleibt nämlich völlig unklar, wie diese Rechtsberatung durch den Arbeitgeber aussehen soll. Da der typische Verfahrensablauf bis zum Ausspruch der Kündigung, das Schriftformerfordernis, die Zustellungsnotwendigkeit sowie die Klagefrist vollständig aus gesetzlichen Regelungen (§ 623 BGB; §§ 4, 5, 7 KSchG; § 18 BEEG; § 173 SGB IX, § 102 BetrVG) ableitbar ist, dürfte nach § 4 Satz 2 NachwG ein vollständig pauschaler Verweis auf „gesetzliche Regelungen“ möglich sein, so auch ein in der Literatur (vgl. Möller, ArbRAktuell 2022, 299) vertretene Ansatz, den wir unserem Formulierungsvorschlag zugrunde legen. Eine detailliertere Verfahrensbeschreibung ist dem Arbeitgeber letztlich auch nicht möglich, da sich die konkret einzuhaltenden gesetzlichen Vorgaben erst im Zeitpunkt der Kündigung konkretisieren. Abstrakte Abhandlungen über die Beteiligung diverser Gremien oder Aufsichtsbehörden (Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Arbeitsschutzbehörden), über den Beginn der Klagefrist mit Zustellung (vgl. § 4 Satz 1 KSchG) oder aufgeschobenen Fristbeginn wegen fehlender Bekanntgabe einer behördlichen Zustimmung an den Arbeitnehmer (vgl. § 4 Satz 4 KSchG) oder gar das Zulassungsverfahren für verspätete Klagen (vgl. § 5 KSchG) sind in einem Arbeitsvertrag fehl am Platz.

Als höchst unbedacht erweist sich der gesetzliche Zusatz, dass § 7 KSchG anzuwenden bleibt, also auch bei Fehlern im Nachweis eine nicht rechtzeitige Klagerhebung zur Wirksamkeitsfiktion der Kündigung führt. Ohne diesen Zusatz würde eine unrichtige Belehrung des Arbeitnehmers wohl zum Wegfall der dreiwöchigen Präklusionsfrist führen, wodurch auch noch deutlich spätere Kündigungsschutzklagen denkbar wären. Das wollte der Gesetzgeber verhindern. Aber führt ein unzutreffender Hinweis dann wenigstens zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers, weil er sein Recht nicht richtig ausüben konnte? Diesem Risiko wird durch den pauschalen Verweis auf die gesetzlich geltenden Regularien nach derzeitiger Ansicht wirksam entgegengetreten. Oder verstößt die Anwendung von § 7 nicht gegen den europarechtlichen „effet utile“ und müsste deswegen ausgeschlossen sein? Gerade zu dieser gesetzlichen Regelung im Nachweisgesetz muss also die zukünftige Rechtsprechung genau beobachtet werden.

Praxishinweis
Nehmen Sie in den Arbeitsvertrag einen pauschalen Hinweis auf gesetzliche Verfahrensregelungen und Klagefristen auf.

Formulierungsvorschlag für Arbeitsvertragsklausel

  1. Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von den Parteien einzuhaltende Verfahren (insbesondere Schriftformerfordernis, Kündigungsfrist, Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage), richtet sich, soweit nachfolgend nicht abweichend geregelt, nach den jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
  2. Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit, innerhalb derer mit einer Frist von zwei Wochen ordentlich gekündigt werden kann. Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis ordentlich mit den gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Eine gesetzlich verlängerte Frist gilt auch für die Kündigung durch den Arbeitnehmer. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt.
  3. Jede Kündigung bedarf der Schriftform.
  4. […]




Nach­weis­fris­ten

+

Das NachwG sieht unterschiedliche Nachweisfristen für einzelne Arbeitsbedingungen und in Abhängigkeit von Arbeits- bzw. Vertragsbeginn (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 4; § 5 Satz 1) vor:

(1) Beginnt das Arbeitsverhältnis ab dem 1. August 2022 (Neueinstellungen), sind spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung zumindest alle in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 7 und 8 NachwG aufgeführten Informationen (Kontaktdaten, Vergütung, Arbeitszeit) dem Arbeitnehmer in schriftlicher, unterzeichneter Form zu übergeben. Die Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2–6, 9 und 10 NachwG (Beginn des Arbeitsverhältnisses, die Dauer der etwaigen Befristung, den Arbeitsort, die Tätigkeitsbeschreibung, die Dauer einer etwaigen Probezeit, Angaben zur etwaigen Arbeit auf Abruf, die Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen) sind spätestens am siebten Tag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses zu erteilen. Für die restlichen Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11–15 NachwG (Urlaub, etwaiger Fortbildungsanspruch, Kontaktdaten des betrieblichen Altersvorsorge-Versorgungsträgers, Kündigungsfristen, Kündigungsverfahren und Klagefristen, allgemeiner Hinweis auf die anwendbaren Kollektivnormen) hat der Arbeitgeber ein Monat ab dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses Zeit.

Praxishinweis
Für ab dem 1. August 2022 beginnende Arbeitsverhältnisse müssen Sie ohne Differenzierung sämtliche Informationen direkt mit Vertragsschluss, spätestens am Tag des vereinbarten Beginns des Arbeitsverhältnisses, erteilen.

Ist die Zeit zu knapp, die Vertragsmuster komplett neu zu überarbeiten, teilen Sie die neu hinzugekommenen Hinweise in einem separaten (unterzeichneten!) Formular mit.

(2) Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 (Bestandsmitarbeiter) bestanden, so ist dem Arbeitnehmer nur auf sein Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1–10 auszuhändigen, die übrigen Angaben nach Satz 2 Nr. 11–15 (Urlaub, Fortbildung, Altersvorsorge, Kündigungsverfahren, Hinweis auf Kollektivnormen) spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung zu erteilen.

Praxishinweis
Für Bestandsmitarbeiter muss erst auf deren Verlangen hin ein Nachweis erteilt werden, dann aber im Wesentlichen binnen 7 Tage.

Nach § 5 Satz 2 NachwG entfällt die Nachweispflicht vollständig, wenn frühere Niederschriften die erforderlichen Angaben bereits enthalten. Bestandsmitarbeitern sind somit regelmäßig nur die sich aus der Erweiterung der Informationspflichten ergebenden Nachweise zu übergeben.

Praxishinweis
Die neuen Zusatzhinweise können allen Mitarbeitern, unabhängig von deren Begehren, in Form eines (unterzeichneten!) Merkblatts übergeben werden, wenn eine einheitliche Informationslage betrieblich sinnvoll erscheint (Vereinheitlichung Vertragsmanagement, Betriebsfrieden).

Ändern sich Arbeitsbedingungen, sind diese Änderungen nicht mehr binnen eines Monates ab der Änderung, sondern spätestens am Tag des Wirksamwerdens der Änderung schriftlich mitzuteilen. Die praktische Auswirkung dieser Gesetzesänderung dürfte gering sein, da bereits jetzt Änderungen von Arbeitsbedingungen regelmäßig schriftlich (vgl. Schriftformklauseln im Ausgangsarbeitsvertrag) und zeitlich vor Beginn der Umsetzung der Änderung erfolgen.




Ver­weis­tech­nik

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§ 2 Abs. 4 regelt wie bisher auch die Möglichkeit, für manche Angaben auf bestehende Rechtsnormen zu verweisen. Daneben verbleibt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 der in allgemeiner Form mögliche Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Kollektivverträge (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen). Allgemeine Verweise auf anwendbare Kollektivnormen sind nunmehr zulässig für die Angaben in § 2 Abs.1 Satz 2 Nr. 6–8, 10-14. Damit können, bis auf das Thema „Arbeit auf Abruf“ (Nr. 9) für sämtliche inhaltlichen Ergänzungen des NachwG auf die anwendbaren Kollektivnormen, in Fragen des gesetzlichen Mindesturlaubs sowie der Kündigungsverfahrensregeln auch auf die gesetzlichen Normen verwiesen werden. Eine Wiederholung oder Konkretisierung der im Kollektivvertrag vorgesehenen Regelung ist somit weiterhin nicht notwendig.

Erforderlich ist aber, soweit dies nicht sowieso schon im bestehenden Arbeitsvertrag erfolgte, zu jeder geforderten Information den Hinweis auf den anwendbaren Kollektivvertrag zu geben.

Achtung: Verweise auf nicht kollektiv vereinbarte Regelwerke, wie etwa vom Arbeitgeber vorgegebene Betriebsordnungen, sind nicht ausreichend.




Buß­geld­an­dro­hung

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Verstöße gegen die Nachweispflichten stellen nunmehr eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 2.000 Euro geahndet werden. Das Gesetz sanktioniert auch „nicht richtige“ Nachweise, so dass die zuständigen Aufsichtsbehörden – jedenfalls dem Wortlaut des Gesetzes nach – eine grundlegende, gutachterliche juristische Bewertung von Arbeitsvertragsklauseln vornehmen müssten. Die Richtlinie sieht in Art. 5 noch vor, dass die Mitgliedsstaaten Vorlagen für ordnungsgemäße Nachweise entwickeln können, was von der deutschen Bundesregierung auf Nachfrage des Bundesrats unter Verweis auf die angebliche Notwendigkeit individueller Regelungen allerdings abgelehnt wurde.




Was ist jetzt kon­kret zu tun?

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  1. Vorrangig ist zu prüfen, ob Neueinstellungen zum 1. August 2022 und kurz danach geplant sind.
  2. Welche Ergänzungen sind betrieblich überhaupt umzusetzen? Gibt es beispielsweise überhaupt eine betriebliche Altersvorsorge und sind die Kontaktdaten des Versicherers nicht sowieso bekannt gegeben? In welchen Arbeitsbereichen gibt es überhaupt Pflichtfortbildungen?
  3. Wie sollen die formalen Anforderungen umgesetzt werden? Können die Vertragsmuster ergänzt bzw. bereits abgeschlossene Verträge als Ganzes neu formuliert werden oder reicht eine Vertragsergänzung?
  4. Soll eine unternehmensweite Informationskampagne stattfinden, also alle Mitarbeiter Ergänzungen erhalten, oder soll bei Bestandsmitarbeitern nur auf Anfrage reagiert werden?
  5. Implementierung auch der Änderungen in AÜG, TzBfG etc. sowie ggf. noch nicht umgesetzter aktueller höchstrichterlicher Rechtsprechung (beispielsweise Ausschlussfristen, Urlaub, nachvertragliches Wettbewerbsverbot).



Ansprechpartner


Alexander Hausner, LL. M.

Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
zert. Datenschutzbeauftragter

Telefon: +49 40 4223 6660-44

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