BFH:
Zu den Pflichten und Haftungsrisiken des GmbH-Geschäftsführers
Entscheidung
Ein GmbH-Geschäftsführer ist verpflichtet, seine Hilfspersonen bei der Erledigung delegierter Angelegenheiten sorgfältig auszuwählen und laufend zu überwachen. Er kann sich nicht auf mangelnde persönliche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung von Geschäftsführer-Tätigkeiten berufen. Wer den Anforderungen eines gewissenhaften Geschäftsführers nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen (BFH, Beschluss vom 15.11.2022 – VII R 23/19).
Hintergrund
Alleiniger Geschäftsführer der GmbH war der betagte Vater, der nicht (mehr) zur Führung der Geschäfte in der Lage war. Faktisch überließ er seinem Sohn, die Geschäfte zu führen. Maßnahmen, diesen dabei zu beaufsichtigen, ergriff der Vater nicht.
Der Sohn beging Steuerhinterziehung, indem er Scheinrechnungen buchte und damit für falsche Steuererklärungen der GmbH sorgte. Die Finanzverwaltung nahm daraufhin auch den Vater – in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer – in Anspruch, ausstehende Steuerschulden der GmbH zu begleichen.
Der BFH entschied, der Vater habe in Kenntnis aller Umstände das Fehlverhalten des Sohnes zumindest geduldet. Gemäß seinen Pflichten als Geschäftsführer hätte der Vater die Steuererklärungen vollständig, richtig und rechtzeitig abgeben und unzutreffende Steuerklärungen unverzüglich berichtigen müssen. Hierzu eingesetzte Personen, also seinen Sohn, hätte er sorgfältig auswählen und laufend überwachen müssen. Durch seine Untätigkeit handelte der Vater pflichtwidrig und grob fahrlässig (sogenanntes Überwachungsverschulden). Wer den Aufgaben eines Geschäftsführers wegen fehlender persönlicher Kenntnisse und Fähigkeiten oder altersbedingt nicht entsprechen könne, dürfe das Amt nicht annehmen bzw. müsse es niederlegen, so der BFH.
Praxishinweis
Der BFH betont, wie regelmäßig andere Obergerichte, die strengen Pflichten des GmbH-Geschäftsführers. Hier zeugt die Steuerhinterziehung des Sohnes von einem besonders offensichtlichen Außerachtlassen der Aufgaben des geschäftsführenden Vaters. In anderen Fällen haben bereits geringfügigere Versäumnisse zu Pflichtverletzungen von Geschäftsführern geführt. Es gilt also, Kernaufgaben der Geschäftsführung selbst zu übernehmen und delegierte Aufgaben eng im Blick zu behalten.
Der Fall zeigt auch, dass Steuerschulden der GmbH dem Geschäftsführer besonders gefährlich werden können. Der Geschäftsführer haftet hierfür nämlich selbst, wenn er seine steuerlichen Pflichten für die Gesellschaft vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Durch das Mittel des sogenannten Haftungsbescheids gegen den Geschäftsführer hat die Finanzverwaltung einen grundsätzlich vollstreckbaren Titel, muss also nicht erst ein Urteil gegen den Geschäftsführer erwirken.