BGH:
Kei­ne Zustim­mungs­pflicht der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung bei Teil­ge­winn­ab­füh­rungs­ver­trag, wenn nicht der über­wie­gen­de Teil der Gewin­ne abzu­füh­ren ist

Ent­schei­dung

Der BGH hat ent­schie­den, dass Teil­ge­winn­ab­füh­rungs­ver­trä­ge mit einer abfüh­rungs­pflich­ti­gen GmbH kei­nen beson­de­ren Wirk­sam­keits­er­for­der­nis­sen, ins­be­son­de­re kei­ner Zustim­mungs­pflicht der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, unter­lie­gen, wenn der Ver­trag kei­ne sat­zungs­über­la­gern­de Wir­kung hat und jeden­falls nicht der über­wie­gen­de Teil der Gewin­ne abge­führt wer­den soll (BGH, Urteil vom 16.07.2019 – II ZR 175/18).


Hin­ter­grund

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH sind im GmbH-Recht die für die Sat­zungs­än­de­rung gel­ten­den Form­vor­schrif­ten der §§ 53, 54 GmbHG auf Unter­neh­mens­ver­trä­ge im Sin­ne des § 291 Abs. 1 AktG, also Beherr­schungs­ver­trä­ge und sol­che Gewinn­ab­füh­rungs­ver­trä­ge, durch die sich eine GmbH ver­pflich­tet, ihren gesam­ten Gewinn abzu­füh­ren, ent­spre­chend anzu­wen­den. Somit bedarf es eines in nota­ri­el­ler Form gefass­ten Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses der abhän­gi­gen bzw. abfüh­rungs­pflich­ti­gen GmbH sowie der Ein­tra­gung des Unter­neh­mens­ver­trags in das Han­dels­re­gis­ter. Der BGH begrün­det dies ins­be­son­de­re mit der sat­zungs­über­la­gern­den Wir­kung des Unter­neh­mens­ver­trags und dem Ein­griff in das Gewinn­be­zugs­recht der Gesell­schaf­ter. An die­ser Recht­spre­chung hält der BGH aus­drück­lich fest.

Umstrit­ten war in der Recht­spre­chung und der Lite­ra­tur hin­ge­gen, ob die­se Erfor­der­nis­se auch für Teil­ge­winn­ab­füh­rungs­ver­trä­ge im Sin­ne des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG gel­ten (dafür ins­be­son­de­re Tei­le des Schrift­tums, ableh­nend dage­gen über­wie­gend die instanz­ge­richt­li­che Recht­spre­chung). Wich­tigs­ter Anwen­dungs­fall für einen sol­chen Teil­ge­winn­ab­füh­rungs­ver­trag sind Ver­trä­ge über stil­le Betei­li­gun­gen. Der BGH hat sich nun der ableh­nen­den Auf­fas­sung ange­schlos­sen, wenn der Ver­trag nach Inhalt und Wir­kung kei­ner Ände­rung der Sat­zung gleich­kommt und jeden­falls nicht der über­wie­gen­de Teil der Gewin­ne abge­führt wer­den soll. Nach Auf­fas­sung des BGH sei näm­lich nur das Gewinn­stamm­recht dem Sat­zungs­vor­be­halt des § 29 GmbHG unter­stellt, wel­ches aber, wenn nur ein Teil der Gewin­ne betrof­fen ist (im zu ent­schei­den­den Fall: 20 %), nicht berührt wird. Zum ande­ren sei auch die Zustän­dig­keits­ord­nung in der GmbH nicht mit der­je­ni­gen in der Akti­en­ge­sell­schaft ver­gleich­bar, da in der GmbH die Gesell­schaf­ter jede Maß­nah­me der Geschäfts­füh­rung an sich zie­hen kön­nen. Bei beson­ders bedeut­sa­men Geschäf­ten ist der Geschäfts­füh­rer, wie der BGH erst kürz­lich wie­der ent­schie­den hat (sie­he dazu unser Bei­trag vom 11.04.2019), sogar ver­pflich­tet, von sich aus die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung einzuholen. 


Pra­xis­hin­weis

Aus­drück­lich offen gelas­sen hat der BGH, ob die obi­gen Grund­sät­ze auch dann gel­ten, wenn ein Groß­teil oder zumin­dest der über­wie­gen­de Teil der Gewin­ne abzu­füh­ren ist. Aus Grün­den der Vor­sicht soll­te in einem sol­chen Fall die Ein­ho­lung eines nota­ri­el­len Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses und die Anmel­dung des Ver­trags zur Ein­tra­gung in das Han­dels­re­gis­ter zumin­dest erwo­gen wer­den, sofern das jewei­li­ge Han­dels­re­gis­ter bei der Ein­tra­gung mitmacht.

Ent­schie­den hat der BGH dage­gen, dass eine Kün­di­gung des Teil­ge­winn­ab­füh­rungs­ver­trags durch die abfüh­rungs­pflich­ti­ge GmbH nur aus­nahms­wei­se und nur dann, wenn die Vor­aus­set­zun­gen für eine Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grund vor­lä­gen, zuläs­sig ist.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

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