Kam­mer­ge­richt (Ber­lin):
Gesell­schaf­ter­kla­ge gegen Gesell­schaft wegen Löschung aus Gesell­schaft­er­lis­te statt Kla­ge gegen in der Lis­te ein­ge­tra­ge­nen Gesellschafter

11.10.2019


Ent­schei­dung

Ein in der Gesell­schaft­er­lis­te aus­ge­tra­ge­ner GmbH-Gesell­schaf­ter kann die Gesell­schaft auf Ein­rei­chung einer kor­ri­gier­ten Lis­te in Anspruch neh­men, ohne dass er zuvor in einem Pro­zess gegen den in der Lis­te ein­ge­tra­ge­nen Gesell­schaf­ter die tat­säch­li­che Gesell­schaf­ter­stel­lung klä­ren muss (KG Ber­lin, Beschluss vom 10.07.2019 – 2 W 16/19).


Hin­ter­grund

Die zum Han­dels­re­gis­ter ein­zu­rei­chen­de Gesell­schaft­er­lis­te ist von essen­zi­el­ler Bedeu­tung für die Fra­ge, wer in einer GmbH Gesell­schaf­ter­rech­te aus­üben darf. Denn gegen­über der Gesell­schaft gilt grund­sätz­lich nur der­je­ni­ge als Gesell­schaf­ter, der als sol­cher in der Gesell­schaft­er­lis­te auf­ge­führt wird (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Hin­zu kommt, dass sich Drit­te beim Erwerb von GmbH-Antei­len vom ein­ge­tra­ge­nen Gesell­schaf­ter unter gewis­sen Vor­aus­set­zun­gen dar­auf ver­las­sen dür­fen, dass sie die Antei­le – trotz abwei­chen­der tat­säch­li­chen Rechts­la­ge – auch erwer­ben. Ist die Gesell­schaft­er­lis­te falsch, besteht daher ein erheb­li­ches Inter­es­se des dort unbe­rück­sich­tig­ten Gesell­schaf­ters, in die Lis­te ein­ge­tra­gen zu werden.

Aber wor­auf und vor allem gegen wen muss der nicht ein­ge­tra­ge­ne Gesell­schaf­ter klagen?

Das OLG Frank­furt a.M. hat­te ihm noch auf­er­legt, zunächst durch Kla­ge gegen den gelis­te­ten Gesell­schaf­ter zu klä­ren, wer Gesell­schaf­ter ist (Urteil vom 19.03.2013 – 5 U 220/12). Letz­te­rer müs­se näm­lich – not­falls erzwun­gen durch Urteil – der Ände­rung der Gesell­schaft­er­lis­te zustim­men (soge­nann­tes for­mel­les Kon­sens­prin­zip), damit die Geschäfts­füh­rer die Ände­rung der Lis­te ver­an­las­sen. Ähn­lich hat­te sich auch das OLG Hamm geäu­ßert (Urteil vom 13.02.2012 – I‑8 U 118/11).

Anders jetzt das Kam­mer­ge­richt: Der nicht ein­ge­tra­ge­ne Gesell­schaf­ter kön­ne die Gesell­schaft unmit­tel­bar auf Lis­ten­än­de­rung gericht­lich in Anspruch neh­men, die Zustim­mung des ein­ge­tra­ge­nen Gesell­schaf­ters müs­se man­gels gesetz­li­cher Grund­la­ge nicht erwirkt wer­den, die­ser somit auch nicht vor­her zwecks Klä­rung der tat­säch­li­chen Gesell­schaf­ter­stel­lung ver­klagt wer­den. Dies fol­ge auch aus der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des BGH (Urteil vom 17.12.2013 – II ZR 21/12), wonach ein GmbH-Geschäfts­füh­rer selbst gegen den aus­drück­li­chen Wider­spruch des ein­ge­tra­ge­nen Gesell­schaf­ters zur Ein­rei­chung einer kor­ri­gier­ten Gesell­schaft­er­lis­te berech­tigt sei.


Pra­xis­hin­weis

Die Rech­te eines Gesell­schaf­ters, der zu Unrecht in der Gesell­schaft­er­lis­te gelöscht oder erst gar nicht dort ein­ge­tra­gen ist, sind in Gefahr. Denn der ein­ge­tra­ge­ne Gesell­schaf­ter hat Gele­gen­heit, die Gesell­schaft zu füh­ren und umzu­ge­stal­ten. Um dies zu ver­hin­dern, ist daher schnel­les Han­deln gefragt, in der Regel per einst­wei­li­ger Verfügung.

Ergän­zen­de Kla­ge­ver­fah­ren – wie im hie­si­gen Fall – kön­nen dann im Anschluss für kla­re Ver­hält­nis­se dar­über sor­gen, wer wirk­sa­mer Anteils­in­ha­ber ist und damit letzt­lich in die Gesell­schaft­er­lis­te gehört. Nach Mei­nung der Gerich­te in Frank­furt a.M. und Hamm ist dabei der Umweg über den ein­ge­tra­ge­nen Gesell­schaf­ter zu gehen. Das Kam­mer­ge­richt klärt die Fra­ge, wer wirk­lich Gesell­schaf­ter ist, im hie­si­gen Pro­zess gegen die Gesell­schaft gleich mit.

Solan­ge der BGH der­ar­ti­ge Fäl­le nicht ent­schie­den hat, soll­te man sich nicht auf die Ansicht des Kam­mer­ge­richts ver­an­las­sen, vor­sorg­lich also auch – gemäß den Urtei­len aus Frank­furt a.M. und Hamm – den Gesell­schaf­ter verklagen.

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