ARUG II:
Der Regierungsentwurf zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie
14.08.2019
Am 20.03.2019 hat die Bundesregierung den Entwurf (RegE) für das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) veröffentlicht. Mit dem ARUG II soll die Richtlinie (EU) 2017/828 des EU-Parlaments und des Rates vom 17.05.2017 zur Änderung der RL 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre („2. ARRL“) in deutsches Recht umgesetzt werden.
Die Umsetzung hätte eigentlich bis zum 10.06.2019 erfolgen sollen. Das Gesetzgebungsverfahren ist jedoch ins Stocken geraten, nachdem die im Rahmen der öffentlichen Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Bundestags am 05.06.2019 angehörten Sachverständigen noch uneins über das Vergütungsvotum der Hauptversammlung waren und sich der Rechtsausschuss nicht auf eine Beschlussempfehlung einigen konnte. Mit einer Verabschiedung des Gesetzes ist nun frühestens im Herbst 2019 zu rechnen.
Betroffen von den Änderungen sind börsennotierte Gesellschaften im Sinne des § 3 Abs. 2 AktG, also Gesellschaften, deren Aktien im regulierten Markt nach §§ 32 ff. BörsG gehandelt werden, nicht aber solche im Freiverkehr nach § 48 BörsG.
Wesentliche Neuerungen
- Abstraktes Vergütungssystem für den Vorstand. Durch das ARUG II wird die Aufstellung eines abstrakten Vergütungssystems für den Vorstand der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat (AR) künftig verbindlich vorgeschrieben. Dieses muss klar und verständlich sein und mindestens die in § 87 a Abs. 1 Satz 2 AktG‑E genannten Angaben enthalten, sofern entsprechende Vergütungsbestandteile auch tatsächlich vorgesehen sind. Neue inhaltliche Vorgaben an die Vorstandsvergütung ergeben sich durch das ARUG II aber nicht.
- Neues Hauptversammlungsvotum (Say on Pay). Das Vergütungssystem ist vom Aufsichtsrat zu beschließen (§ 87 a Abs. 1 Satz 1 AktG‑E) und der Hauptversammlung (HV) mindestens alle vier Jahre zur Beschlussfassung vorzulegen, bei wesentlichen Änderungen auch schon davor (§ 120 a Abs. 1 Satz 1 AktG‑E). Das Vergütungsvotum soll nach dem RegE aber lediglich beratenden und empfehlenden Charakter haben.
- Neu ist die Einführung eines Vergütungsberichts (§ 162 AktG‑E). Der Vergütungsbericht (Vergütung des Vorstands und des AR) soll wesentliches Instrument zur Information der Aktionäre und zur Förderung der Unternehmens- und Vergütungstransparenz sein. In Übereinstimmung mit der Entsprechenserklärung sollen Vorstand und Aufsichtsrat künftig gemeinsam den Vergütungsbericht erstellen.
- Aufsichtsratsvergütung. Auch bei der Aufsichtsratsvergütung entscheidet – wie bisher – die HV durch Satzung oder Beschluss (§ 113 Abs. 1 AktG). Neu ist hier aber die Verpflichtung, auch für den AR ein abstraktes Vergütungssystem zu beschließen (§ 113 Abs. 3 AktG‑E), das ebenfalls die beschreibenden Anforderungen des § 87a Abs. 1 S. 2 AktG‑E (sinngemäß) enthalten muss. Zulässig ist es, einen einheitlichen Beschluss über das abstrakte Vergütungssystem und die konkrete Festsetzung zu fassen.
- Ein weiterer Fokus liegt auf den Vorschriften über die Kontrolle und Transparenz von Geschäften zwischen der Gesellschaft mit ihr nahestehenden Personen und Unternehmen (§ 111a Abs. 1 AktG‑E, related party transactions).
- Zudem soll eine bessere Identifikation und Information von Aktionären (know-your-shareholder) erreicht werden. Damit die Identifizierung (§ 67d AktG‑E) funktionieren kann, müssen die Finanzintermediäre (Wertpapierfirma, Kreditinstitut oder Zentralverwahrer) der Gesellschaft den Namen sowie die Kontaktdaten des jeweiligen Aktionärs auf Verlangen unverzüglich mitteilen.
- Institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater haben künftig u.a. ihr Geschäftsmodell, ihr Anlageverhalten und ihren Umgang mit Interessenkonflikten offenzulegen.
- Details zum ARUG II finden Sie in unserer Mandanteninformation, die wir Ihnen auf Wunsch gern per E‑Mail zusenden.
Praxishinweis
Mit der Umsetzung des Gesetzes, insbesondere im Zusammenspiel mit dem überarbeiteten DCGK, ist für die Gesellschaften ein nicht unbeträchtlicher Umsetzungsaufwand verbunden, so dass eine rechtzeitige Vorbereitung und Abstimmung innerhalb der Gremien trotz der im Gesetz vorgesehenen Übergangsfristen notwendig erscheint.
In zeitlicher Hinsicht ist ansonsten zu beachten, dass für die related party transactions keine Übergangsfristen vorgesehen sind und diese Regelungen daher unmittelbar mit Inkrafttreten des ARUG II wirksam werden. Da bei Verstoß gegen die Bekanntmachungspflichten empfindliche Bußgelder drohen, sollten Unternehmen aktiv und vorsorglich die neuen Verfahrenspflichten implementieren und umsetzen.