Deutscher Corporate Governance Kodex 2019
14.08.2019
Am 09.05.2019 hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (RegK DCGK) die Neufassung des DCGK beschlossen. Hierbei handelt es sich um die größte Reform in der Geschichte des Kodex. Ziel der Reform war es, die Relevanz und Akzeptanz des Kodex bei Unternehmen und Investoren zu erhöhen, indem der Kodex verschlankt, neu strukturiert und damit lesbarer gemacht wird.
Mit der Bekanntmachung des DCGK 2019 im Bundesanzeiger wird noch bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) (siehe dazu unser Beitrag vom 14.08.2019) gewartet, um etwaige Änderungen beim ARUG II noch berücksichtigen zu können. Nach derzeitigem Stand ist daher mit Inkrafttreten des neuen DCGK frühestens im Herbst 2019 zu rechnen.
Wesentliche Änderungen
- Neue Kategorie „Grundsätze“. Um die bisherige ausführliche Wiedergabe von Gesetzestexten zu vermeiden, stellt der DCGK den Empfehlungen („soll“) und Anregungen („sollte“) sogenannte Grundsätze voran. Die Grundsätze sind aus den wichtigsten gesetzlichen Regelungen und den elementaren Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung abgeleitet und folgen dem ausländischen Vorbild sog. Principles.
- Nicht umgesetzt wird der noch im ersten Entwurf enthaltene und stark umstrittene apply and explain-Ansatz. Danach sollten Aufsichtsrat (AR) und Vorstand erläutern, wie sie die Grundsätze konkret anwenden und umsetzen. In der neuen Fassung des Kodex vom 09.05.2019 hat die RegK auf die Kritik reagiert und auf die Anwendung verzichtet. Es soll sich vielmehr aus der Zusammenschau von der Erklärung zur Unternehmensführung (EzU), dem Aufsichtsratsbericht und der Entsprechenserklärung ergeben, wie das Unternehmen die Grundsätze anwendet.
Schwerpunkte der Reform
- Vorstandsvergütung. Einen Schwerpunkt der Reform bildet die Vorstandsvergütung mit zahlreichen, überwiegend neuen Empfehlungen. Die Empfehlungen setzen einerseits auf den Neuregelungen des ARUG II auf, gehen aber inhaltlich darüber hinaus.
- So ist unter anderem vorgesehen, dass der Anteil der langfristig variablen Vergütung den Anteil der kurzfristig variablen Vergütung übersteigen soll. Ein konkretes Verhältnis wird aber nicht empfohlen. Langfristig variable Vergütungsbeträge sollen vom Vorstandsmitglied überwiegend in Aktien der Gesellschaft angelegt oder entsprechend aktienbasiert gewährt werden.
- Empfohlen werden des Weiteren sogenannte Claw-Backs. Abfindungszahlungen im Fall eines Change-of-Control soll es dagegen nicht mehr geben.
- Erstbestellung von Vorstandsmitglieder. Die Erstbestellung von Vorstandsmitgliedern soll künftig für längstens drei Jahre (bislang: fünf Jahre) erfolgen.
- Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder. Hierzu sieht der DCGK insbesondere einen Katalog von Negativ-Kriterien vor, die Indikatoren für eine fehlende Unabhängigkeit eines AR-Mitglieds bilden.
- Höchstzahl von Aufsichtsratsmitgliedern. Die Empfehlungen zur Höchstzahl von Aufsichtsratsmandaten werden weiter verschärft (für Vorstände von börsennotierten Gesellschaften: zwei AR-Mandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften und kein Aufsichtsratsvorsitz; für Nicht-Vorstände börsennotierter Gesellschaften: fünf AR-Mandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften, Aufsichtsratsvorsitz zählt doppelt).
- Sonstiges. Die Transparenzanforderungen werden vielfach erhöht. Das Nebeneinander von Corporate-Governance-Bericht und EzU entfällt künftig.
- Details zum DCGK 2019 finden Sie in unserer Mandanteninformation, die wir Ihnen auf Wunsch gern per E‑Mail zusenden.
Praxishinweis
Zusammen mit dem ARUG II kommt auf börsennotierte Gesellschaften durch den geänderten Kodex einiges zu. Auch wenn die Regierungskommission mit der nun vorgelegten Überarbeitung auf die vielfache Kritik gegenüber dem am 06.11.2018 veröffentlichten ersten Entwurf reagiert hat, ist nicht zu verkennen, dass manche der Empfehlungen, insbesondere zur Vorstandsvergütung, für manche Gesellschaften, insbesondere Familienaktiengesellschaften, nur bedingt praktikabel erscheinen. Insofern sind die Gesellschaften aufgerufen, die neuen Empfehlungen zeitnah auf ihre jeweiligen Verhältnisse zu überprüfen und ggf. für eine Abweichung vom Kodex mit entsprechender Begründung zu votieren.