BGH:
Unter­las­sungs­kla­ge eines Aktio­närs gegen pflicht­wid­ri­ges Organ­han­deln nur ohne unan­ge­mes­se­ne Verzögerung

30.07.2019


Ent­schei­dung

Der BGH hat für eine Kapi­tal­erhö­hung im Zusam­men­hang mit der Aus­ga­be von Wan­del­schuld­ver­schrei­bun­gen ent­schie­den, dass ein Aktio­när eine Unter­las­sungs­kla­ge, mit der er einen Ein­griff in sei­ne Mit­glied­schafts­rech­te wegen pflicht­wid­ri­gen Organ­han­dels abweh­ren will, ohne unan­ge­mes­se­ne Ver­zö­ge­rung erhe­ben muss (BGH, Urteil vom 07.05.2019 – II ZR 278/16).


Hin­ter­grund

Die Ent­schei­dung fügt sich ein in eine Rei­he von Ent­schei­dun­gen aus dem Span­nungs­feld zwi­schen der not­wen­di­gen Fle­xi­bi­li­tät der Ver­wal­tung zur Durch­füh­rung von Struk­tur­maß­nah­men einer­seits und dem Schutz der Aktio­nä­re vor der Beein­träch­ti­gung ihrer mit­glied­schaft­li­chen Rech­te ande­rer­seits, ange­fan­gen bei der berühm­ten Holzmüller“-Entscheidung bezüg­lich der Aus­glie­de­rung des wesent­li­chen Betriebs­teils einer AG auf eine Toch­ter­ge­sell­schaft (BGH, Urteil vom 25.02.1982 – ZR 174/80), über Mangusta/​Commerzbank II“ (BGH, Urteil vom 10.10.2005 – II ZR 90/03) zur Schaf­fung eines geneh­mig­ten Kapi­tal mit Bezugs­rechts­aus­schluss bis hin jüngst zur Ent­schei­dung vom 10.07.2018 – II ZR 120/16 bezüg­lich der Erhe­bung der Kla­ge eines Aktio­närs auf Fest­stel­lung der Nich­tig­keit eines Beschlus­ses des Vor­stands und des Auf­sichts­rats zu einer Kapi­tal­erhö­hung unter Bezugs­rechts­aus­schluss. Im Ein­klang mit der zuletzt genann­ten Ent­schei­dung hat der BGH nun ent­schie­den, dass auch die Unter­las­sungs­kla­ge gegen rechts­wid­ri­ges Organ­han­deln (hier: die Aus­ga­be von neu­en Akti­en zur Bedie­nung von Wan­del­schuld­ver­schrei­bun­gen) ohne unan­ge­mes­se­ne Ver­zö­ge­rung und mit der dem Aktio­när zumut­ba­ren Beschleu­ni­gung zu erhe­ben ist. Dies fol­ge aus dem Rück­sicht­nah­me­ge­bot der Aktio­nä­re gegen­über der Gesellschaft. 

Der für die Beur­tei­lung der Recht­zei­tig­keit zu berück­sich­ti­gen­de Zeit­raum beginnt, wenn der Aktio­när den Beschluss des Vor­stands oder Auf­sichts­rats sowie die eine Nich­tig­keit aus sei­ner Sicht nahe­le­gen­den Umstän­de kennt oder ken­nen muss. Dies sei spä­tes­tens mit der soge­nann­ten Nach­be­richt­erstat­tung, also mit dem auf der nächs­ten ordent­li­chen Haupt­ver­samm­lung der Gesell­schaft über die Aus­nut­zung des geneh­mig­ten Kapi­tals unter Bezugs­rechts­aus­schluss zu erstat­ten­den Vor­stands­be­richt, der Fall. Vor der Nach­be­richt­erstat­tung über die Kapi­tal­erhö­hung hängt es von den Umstän­den des Ein­zel­falls ab, wann der Aktio­när die ein pflicht­wid­ri­ges Organ­han­deln aus sei­ner Sicht nahe­le­gen­den Umstän­de kann­te oder ken­nen musste. 


Pra­xis­hin­weis

Die Unter­las­sungs­kla­ge ist für den Aktio­när so wich­tig, weil, wie der BGH bereits in dem Mangusta/​Commerzbank II-Urteil ent­schie­den hat, die Nich­tig­keit von Ent­schei­dun­gen des Vor­stands und des Auf­sichts­rats, durch die das Bezugs­recht der Aktio­nä­re ver­letzt wur­de, nicht die Wirk­sam­keit der ein­mal im Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­ge­nen Kapi­tal­erhö­hung berührt. Die Kapi­tal­erhö­hung lässt sich dann also nicht mehr rück­gän­gig machen.

Die Anknüp­fung an star­re Fris­ten, ins­be­son­de­re die Monats­frist des § 246 AktG, lehnt der BGH ab. Aller­dings sah der BGH im kon­kre­ten Fall eine Kla­ge­er­he­bung nach vier Mona­ten, nach­dem der Aktio­när von der rechts­wid­ri­gen Aus­übung der Ver­wal­tung zur Erhö­hung des Kapi­tals unter Bezugs­rechts­aus­schluss Kennt­nis erlan­gen konn­te. Der BGH stellt auch kei­ne all­zu stren­gen Anfor­de­run­gen an die Mög­lich­keit der Kennt­nis­nah­me und ver­langt von dem Aktio­när, dass er die wei­te­re Ent­wick­lung beobachtet.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

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