BFH:
Rück­wir­ken­de Kör­per­schaft­steu­er­pflicht ohne rück­wir­ken­de Gemein­nüt­zig­keit und Steu­er­be­güns­ti­gung bei Stif­tun­gen von Todes wegen?

Ent­schei­dung

Bei Errich­tung einer Stif­tung von Todes wegen beginnt die Kör­per­schaft­steu­er­pflicht der Stif­tung bereits mit dem Tode des Stif­ters. Die Kör­per­schaft­steu­er­be­frei­ung bei Erfül­lung der steu­er­li­chen Gemein­nüt­zig­keits­an­for­de­run­gen wirkt hin­ge­gen nicht zurück (BFH, Urteil vom 06.06.2019 – V R 50/17). Durch die­se Diver­genz zwi­schen Beginn der Kör­per­schaft­steu­er­pflicht und Gewäh­rung der Kör­per­schaft­steu­er­be­frei­ung kann es zu uner­wünsch­ten Besteue­rungs­fol­gen in Zwi­schen­zeit­räu­men kommen.


Hin­ter­grund

Wird eine Stif­tung erst nach dem Tode des Stif­ters als rechts­fä­hig aner­kannt, so gilt sie für die Zuwen­dun­gen des Stif­ters als schon vor des­sen Tod ent­stan­den (§ 84 BGB – zivil­recht­li­che Rück­wir­kungs­fik­ti­on). Hier­durch kann die zu grün­den­de Stif­tung nach ihrer staat­li­chen Aner­ken­nung als Erbin Ver­mö­gen vom Stif­ter erwer­ben – so als hät­te sie im Todes­zeit­punkt des Stif­ters bereits existiert. 

Im Streit­fall war eine noch zu grün­den­de Stif­tung tes­ta­men­ta­risch als Erbin ein­ge­setzt. Das Tes­ta­ment ent­hielt im Todes­zeit­punkt im Jahr 2004 noch kei­ne Sat­zung der zukünf­ti­gen Stif­tung. Die Stif­tung wur­de erst im Jahr 2007 als rechts­fä­hig aner­kannt und der Erb­schein im Jahr 2008 erstellt. Auf­grund der zivil­recht­li­chen Rück­wir­kungs­fik­ti­on auf den Todes­zeit­punkt erziel­te die Stif­tung bereits in den Jah­ren 2005 und 2006 Ein­nah­men aus dem Stif­tungs­ver­mö­gen. Nach dem BFH waren die­se Ein­nah­men kör­per­schaft­steu­er­pflich­tig, da die Steu­er­pflicht schon mit der zivil­recht­lich rück­wir­ken­den Grün­dung im Todes­zeit­punkt beginnt. Die Vor­aus­set­zun­gen einer Kör­per­schaft­steu­er­be­frei­ung waren indes nicht erfüllt, da zum Todes­zeit­punkt noch kei­ne Sat­zung vor­lag, aus der sich die steu­er­li­che Gemein­nüt­zig­keit hin­rei­chend hät­te prü­fen las­sen. Die spä­te­re gemein­nüt­zig­keits­kon­for­me Stif­tungs­sat­zung wirkt jeden­falls für Zwe­cke der Kör­per­schaft­steu­er­be­frei­ung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) nicht zurück.


Pra­xis­hin­weis

Der ent­schie­de­ne Fall ver­deut­licht das Risi­ko unge­wünsch­ter und ver­meid­ba­rer Steu­er­zah­lun­gen bei Stif­tun­gen von Todes wegen für Zeit­räu­me bis zur Aner­ken­nung der Steu­er­be­güns­ti­gungs­vor­aus­set­zun­gen durch die Finanz­ver­wal­tung. Ins­be­son­de­re Erb­strei­tig­kei­ten und Anfech­tung des Tes­ta­ments kön­nen in der Pra­xis zu erheb­li­chen zeit­li­chen Ver­zö­ge­run­gen füh­ren – eben­so die erfor­der­li­che Abstim­mung mit Stif­tungs- und Steuerbehörden. 

Aus dem Urteil kann u.E. noch nicht abge­lei­tet wer­den, ob auch dann die rück­wir­ken­de Steu­er­be­frei­ung ver­sagt wor­den wäre, wenn das Tes­ta­ment bereits eine Sat­zung beinhal­tet hät­te, die alle Vor­aus­set­zun­gen der for­mel­len steu­er­li­chen Gemein­nüt­zig­keit i.S.d. §§ 51 – 68 AO erfüllt hät­te. Dies soll­te in der Pra­xis bei Stif­tun­gen von Todes wegen mög­lichst der Fall sein. Andern­falls ist spä­tes­tens beim Antrag auf Aner­ken­nung der Stif­tung eine mit den Finanz­be­hör­den gemein­nüt­zig­keits­steu­er­lich abge­stimm­te Sat­zung vor­zu­le­gen, um einen steu­er­lich nicht begüns­tig­ten Zwi­schen­zeit­raum“ zu mini­mie­ren. Zur Ver­mei­dung steu­er­li­cher Risi­ken in Ver­bin­dung mit der steu­er­li­chen Reich­wei­te der zivil­recht­li­chen Rück­wir­kung emp­fiehlt sich jedoch die vor­he­ri­ge Abstim­mung mit Stif­tungs- und Finanz­be­hör­den oder aber die Grün­dung einer steu­er­be­güns­tig­ten Stif­tung zu Leb­zei­ten mit einer gerin­ge­ren Start­do­ta­ti­on und ihren Ein­satz als Erbin oder Ver­mächt­nis­neh­me­rin. Der Stif­ter kann aus Zuwen­dun­gen an eine sol­che Start­stif­tung selbst einen ertrag­steu­er­li­chen Spen­den­ab­zug gel­tend machen.

Ansprechpartner


Stephanie von Trotha

Geschäftsführerin
Steuerberaterin

Telefon: +49 40 4223 6660-30

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