BGH:
Legi­ti­ma­ti­ons­wir­kung der Gesell­schaft­er­lis­te auch hin­sicht­lich ein­ge­zo­ge­ner Geschäftsanteile

19.02.2019


Ent­schei­dung

Der BGH hat ent­schie­den, dass auch der­je­ni­ge GmbH-Gesell­schaf­ter, der infol­ge der Ein­zie­hung sei­ner Geschäfts­an­tei­le aus der Gesell­schaft aus­ge­schie­den ist, im Ver­hält­nis zur Gesell­schaft als Gesell­schaf­ter gilt, sofern er noch in der Gesell­schaft­er­lis­te ein­ge­tra­gen ist. Dann ste­hen ihm sämt­li­che Mit­glied­schafts­rech­te zu, z. B. das Stimm­recht in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung. Gesell­schaf­ter­be­schlüs­se, die die­ses Stimm­recht miss­ach­ten, kön­nen gericht­lich für unwirk­sam erklärt wer­den (BGH, Urteil vom 20.11.2018 – II ZR 12/17).


Hin­ter­grund

Im Ver­hält­nis zur GmbH gilt im Fall einer Ver­än­de­rung in den Per­so­nen der Gesell­schaf­ter oder des Umfangs ihrer Betei­li­gung als Inha­ber eines Geschäfts­an­teils nur, wer als sol­cher in der im Han­dels­re­gis­ter auf­ge­nom­me­nen Gesell­schaft­er­lis­te ein­ge­tra­gen ist (§ 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Mit der Ein­zie­hung von Geschäfts­an­tei­len eines Gesell­schaf­ters (§ 34 GmbHG) wird des­sen Mit­glied­schaft in der GmbH been­det, ein gewill­kür­ter Aus­tritt oder eine zwangs­wei­se Aus­schlie­ßung des Gesell­schaf­ters aus der Gesell­schaft also bewirkt.

Der BGH hat ent­schie­den, dass die Gesell­schaft­er­lis­te auch hin­sicht­lich der ein­ge­zo­ge­nen Geschäfts­an­tei­le maß­geb­lich ist, der betrof­fe­ne Gesell­schaf­ter also trotz wirk­sa­mer Ein­zie­hung im Ver­hält­nis zur Gesell­schaft wei­ter­hin als Gesell­schaf­ter gilt.

Die Legi­ti­ma­ti­ons­wir­kung der Gesell­schaft­er­lis­te (§ 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG) gilt näm­lich bei jeder Ver­än­de­rung in den Per­so­nen der Gesell­schaf­ter oder des Umfangs ihrer Betei­li­gung, folg­lich bei jeder Anteils­über­tra­gung, unab­hän­gig davon, wor­auf dies beruht. Ins­be­son­de­re ist die Vor­schrift nicht auf Fäl­le der Ver­äu­ße­rung von Geschäfts­an­tei­len beschränkt. Auch der infol­ge der Ein­zie­hung statt­fin­den­de Unter­gang des Geschäfts­an­teils sei unschäd­lich, weil die­ser Unter­gang zusam­men mit der gleich­sam statt­fin­den­den antei­li­gen Ver­än­de­rung der Betei­li­gungs­quo­ten der übri­gen Gesell­schaf­ter wirt­schaft­lich einer Anteils­über­tra­gung gleich­kommt. Schließ­lich erfor­dern Sinn und Zweck der Gesell­schaft­er­lis­te ihre Erstre­ckung auf ein­ge­zo­ge­ne Geschäfts­an­tei­le. Die Lis­te dient der Rechts­si­cher­heit und ‑klar­heit. Durch sie sol­len kla­re Ver­hält­nis­se geschaf­fen wer­den, also wer im Ver­hält­nis zur Gesell­schaft berech­tigt und ver­pflich­tet ist.

Ist die Stim­me des Gesell­schaf­ters, der von der Ein­zie­hung betrof­fen und wei­ter­hin in der Gesell­schaft­er­lis­te ver­zeich­net ist, ursäch­lich für ein Beschluss­ergeb­nis in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, ist der ent­spre­chen­de Beschluss anfecht­bar und kann damit durch Gerich­te für unwirk­sam erklärt werden.


Pra­xis­hin­weis

Die Ent­schei­dung zeigt die enor­me Bedeu­tung der Gesell­schaft­er­lis­te und damit den hohen Stel­len­wert von Publi­zi­tät im Gesell­schafts­recht. Zwi­schen den Akteu­ren soll es kei­ne Zwei­fel dar­über geben, wer im Ver­hält­nis zur Gesell­schaft berech­tigt und ver­pflich­tet ist.

Im Streit zwi­schen den Gesell­schaf­tern kann dies – wie der BGH in sei­ner Ent­schei­dung selbst betont – zu einem Wett­lauf“ um die Gesell­schaft­er­lis­te füh­ren. Die Gesell­schaf­ter, wel­che die Ein­zie­hung (Aus­schlie­ßung) beschlos­sen haben, wol­len die Lis­te mög­lichst schnell ändern las­sen. Der ver­sto­ße­ne Gesell­schaf­ter hin­ge­gen sucht das zu ver­hin­dern. Sein Fokus wird sich auf die Mit­tel des gericht­li­chen Eil­rechts­schut­zes rich­ten, um ver­fah­rens­tech­nisch mit einst­wei­li­gen Ver­fü­gun­gen und mit dem Argu­ment, es bestehe kein Grund für sei­ne Aus­schlie­ßung aus der Gesell­schaft, eine Ände­rung der Gesell­schaft­er­lis­te zu ver­hin­dern. Dabei muss er die hohen Hür­den der gericht­li­chen Gewäh­rung einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes im Gesell­schafts­recht überwinden.

Ansprechpartner


Stefan Thoß

Geschäftsführer
Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 4223 6660-40

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